Astronomie und Murphy
Hobbyastronomen sind es durchaus gewohnt, mit Enttäuschungen umzugehen. Nehmen wir zum Beispiel die vergangene Woche: Es ist Marsopposition, fast Neumond, der Mars steht hervorragende 45° über dem Horizont in dünnen, kühlen Luftschichten – und über Norddeutschland kabbelt sich eine fette Wolkendecke.
Das ist Murphy in Vollendung, oder?
Das bringt mich auf den Gedanken, einmal zu untersuchen, wie es in diesen besonderen Zeiten überhaupt um die Astronomie bestellt ist?
Nicht besonders, denn aufgrund der Covid-19-Pandemie findet sie in diesem Jahr praktisch nicht statt. Die Volkssternwarte in Hannover ist seit dem 1. Mai geschlossen und veranstaltet weder Vortragsreihen oder Beobachtungsabende. Astronomische Veranstaltungskalender, beispielsweise der in Sterne und Weltraum beginnen ihre Einträge vornehmlich mit dem Wort „Abgesagt“, wofür ich angesichts des grassierenden Virus volles Verständnis habe. Denn oft sind die Veranstalter Vereine oder Privatpersonen, die mit jeder Veranstaltung ein hohes Risiko für sich und ihre Teilnehmer eingehen. Die Planetarien in Wolfsburg und Hamburg haben geöffnet und arbeiten mit einem ganzen Katalog von Schutzmaßnahmen für ihre Besucher. Das kann ein Hobbyastronom, der ein Teleskoptreffen auf der grünen Wiese veranstalten möchte gar nicht leisten. Möchte er auch nicht, denke ich.
Astronomische Ziele außerhalb Deutschlands könnten im Moment genauso gut auf einem anderen Planeten liegen, an Astroreisen ist kaum zu denken, zumindest nicht für Normalverdiener mit begrenzter Anzahl an Urlaubstagen. Meine bevorzugten Ziele, wie beispielsweise COAA an der portugiesischen Algarve haben ohnehin geschlossen. Corona fordert auch hier seinen Tribut, denn Abstandsregeln sind in einer Teleskopkuppel kaum einzuhalten und die gemeinsame Benutzung von Okularen ist alles andere als sicher. Kein Wunder, dass auch hier die Veranstalter die Notbremse ziehen mussten.
Was in punkto Astroreisen noch gerade furchtbar schief läuft, allerdings ohne das Corona dafür die Ursache wäre, ist das für 2021 geplante Starmus VI Festival in Armenien. Kaum hatten die Veranstalter Termin und Ort verkündet und kaum hatte ich angefangen, nach Flug und Unterkunft zu suchen, bricht dort ein neuer Krieg um Berg-Karabach aus!
Das ist Murphy in traurigster Vollendung.
Nachtrag vom 31.12.20:
Heute morgen hat die HAZ vermeldet, dass Niedersachsen im Jahr 2020 mit 1771 Sonnenstunden das sonnenärmste Bundesland war. Der Himmel über dem Land der Sturmfesten und Erdverwachsenen war also nicht nur gefühlt häufiger wolkenverhangen. Dass das so ist, mag damit zusammenhängen, dass die wärmere Atmosphäre mehr Wasserdampf aufnimmt, da der Sättigungsgrad der Luft mit steigender Temperatur ebenfalls zunimmt. Und mehr Wasserdampf bedeutet auch mehr Wolken.