Teil 4

Sternenbund

04.07.2006


Die UNO Kommission reiste seit gestern in Krapur umher. Heike und Assagima fuhren als Dolmetscher mit. Sie sprachen mit unterschiedlichsten Menschen, besuchten Flüchtlingslager, sprachen mit Kriegsgefangenen und besichtigten im Krieg zerstörte Orte. Wohin sie zu gehen gedachten, teilten sie erst am Morgen des jeweiligen Tages mit, damit nichts manipuliert werden konnte. Die Menschen in Krapur reagierten immer überrascht, aber niemals unfreundlich auf die Besucher. Der Abfärbetest wurde für die UNO Leute zur Routine.

Auch Tonuesch sah die riesigen Raumschiffe der Fremden vor der Stadt stehen. Er arbeitete als Fotograf in Gor-Krapur. In der Nacht hatte er die Stadt verlassen und hatte den Landeplatz der Fremden in weitem Bogen umgangen. Kurz vor Sonnenaufgang befand er sich auf einem kleinen Hügel hinter dem Landeplatz. Von hier aus hatte er einen wunderbaren Blick auf die Schiffe und die Stadt. Er stellte seine Kamera auf und wartete, bis ausreichend Tageslicht vorhanden war. Dann begann er Aufnahmen von den Schiffen zu machen. Genug Fotoplatten hatte er dabei. Auch an die Teleobjektive hatte er gedacht. Nachdem er genügend Aufnahmen gemacht hatte, verpackte er die Kamera und suchte eine kleine Höhle auf. Hier verbrachte er den Rest des Tages. Nach Einbruch der Dunkelheit ging er zurück in die Stadt. In seinem Haus entwickelte er die Fotoplatten und verpackte die fertigen Bilder in einer Dokumentenmappe. Dann schnappte er sich sein fertig gepacktes Bündel und verließ die Stadt mit seinem Wagen. Es bog auf die Straße nach Osten ein und fuhr die ganze Nacht durch. Er legte nur einen kurzen Stopp bei einem Holzhändler ein, um genug Holzgas für den Rest der Fahrt zu haben. Am Morgen erreichte er das Frontgebiet. Hier lag die Stadt Erampur, wo er sein Auto verkaufte. Der Händler zeigte sich zwar verwundert darüber, das Tonuesch keinen neuen Wagen wollte, zahlte aber schließlich den ausgehandelten Preis. Tonuesch verbrachte den Tag in Erampur und verließ die Stadt zu Fuß bei Einbruch der Dunkelheit. Die Front rückte näher. In diesem Abschnitt war es zurzeit sehr still. Von einem kleinen Hügel aus sondierte Tonuesch die Stellungen der Rebellen mit seinem Fernrohr. Dort zwischen zwei kleinen Hügeln lag eine gute Stelle, um unbemerkt durchzukommen. Tonuesch marschierte los und blieb völlig unbehelligt. Im Niemandsland wechselte er die Kleidung. Er trug jetzt eine Uniform des Asgard. Zu seiner Ausrüstung zählte eine kleine Signallampe, die er jetzt dazu verwendete ein vereinbartes Signal an die Soldaten auf der anderen Seite zu senden. Er erhielt umgehend Antwort und lief los. Ein Führer der Hundert nahm ihn in Empfang und geleitete ihn umgehend zum Frontkommandeur. Dort angekommen bestieg Tonuesch einen Flugschrauber, der ihn nach Romnapur brachte.

Ohne Verzögerung ließ man den Spion zum Asgard vor. "Nun mein Treuer, was bringst du mir aus Gor-Krapur?" erkundigte sich der Herrscher aus dem Hause Yokan. "Ihr werdet staunen, großer Asgard, ihr werdet staunen." Tonuesch reichte dem Asgard die Mappe mit den Bildern. Der mächtige Mann schaute darauf und fragte, "Was ist das? Sind das Flugmaschinen?" Tonuesch erklärte dem Asgard, das dies die Schiffe seien, mit denen die Fremden von den Sternen zu ihnen gereist waren. "Wie, die Kugel kann auch fliegen?" wollte der Asgard wissen. "Ja, großer Asgard, ich sah sie vom Himmel kommen. Viele Fremde mit weißer Haut sind darin." Der Asgard betrachtete weitere Bilder. "Die Kugel, mein Treuer, scheint groß zu sein. Oder steht sie so weit vor der Stadt?" "Nein Herr, sie steht sogar dichter davor, als ihr es auf diesen Bildern vermuten würdet. Sie misst wohl an die 180 Mannslängen." Der Asgard erstarrte. "Das ist ja höher, als jedes Haus in Romnapur! Geht jetzt, mein Treuer. Ich muß nachdenken." Der Asgard gab einem Soldaten ein Zeichen. "Sorge dafür, das dieser treue Diener Yokans fürstlich entlohnt wird. Und weist ihm einen Raum in meinem Palast. Zwei meiner Mätressen mögen ihm die Nacht versüßen."

Nachdem Tonuesch gegangen war, saß der Asgard lange in trüben Gedanken versunken auf seinem Thron. Er sah düstere Wolken heraufziehen, jetzt da die Rebellion so mächtige Freunde hatte. Die Fremden hatten ihm bei ihrem ersten Besuch schon schmerzliche Verluste zugefügt. Aber damals waren sie nur mit kleinen Flugmaschinen gekommen. Und jetzt standen dort riesige Schiffe. Sicher hatten sie wundersame Waffen an Bord. Ob sie Romnapur zerstören konnten? Er rief seinen Stab zusammen und zeigte ihnen die Bilder. Als er in die Runde blickte, sah er ungläubiges Erstaunen in den Gesichtern. "Nun, während ihr noch staunt, gedenke ich zu handeln" sagte er, "Stellt sofort hier bei Erampur eine Stoßarmee zusammen. Gebt ihnen Fahrzeuge und Flugschrauber so viel wir haben. Wir brechen auf Gor-Krapur durch! In zwei Tagen beginnt der Angriff. Erobert die Schiffe, solange sie am Boden stehen. Zerstört alle Telegraphen auf eurem Weg, damit es keine frühe Warnung gibt. Führer der Zehntausend Jerogesch, wie viele Flugschrauber könnt ihr stellen?" Der Angesprochene rechnete einen Moment lang. "600, großer Asgard." "Streitwagen?" "Etwa 300 mit Kanonen und 400 mit Mörsern, erhabener Herrscher. Und 800 Lastwagen für die Fußsoldaten." Der Asgard nickte zufrieden. Eine so große Streitmacht würde die Front mühelos durchbrechen. Seine Militärs hielten den Plan zwar für wahnsinnig, behielten aber ihre Meinung für sich. Der Asgard duldete keinen Widerspruch.

In Krapur befand sich die Enrico Fermi zwei Tage später auf einem Demonstrationsflug. Man hatte die Tromburianer eingeladen in den Weltraum zu fliegen. Troganesch war begeistert, den Himmel hinter dem Himmel zu sehen. Josh zeigte gerade wie die Kameras an Bord funktionierten. Auf dem Bildschirm war Gor-Krapur aus 200 Kilometern Höhe zu sehen. Die Kamera schwenkte weiter auf Erampur zu. "Da drüben liegt das Reich des Asgard" erklärte Assagima. Josh zoomte die Front herein. Troganesch sah auf den Monitor und schien plötzlich sehr aufgeregt. Er redete auf Assagima ein. "Kannst du noch einmal die Gegend östlich von Erampur zeigen?" fragte sie Josh. Die Kamera fuhr zurück und jetzt verstand auch Josh die Aufregung. Auf dem Monitor war ein endloser Fahrzeugstau zu sehen. Neben der Kolonne standen andere Fahrzeuge, die sie als Flugschrauber erkannten, als Josh das Bild weiter heran zoomte. Panzerähnliche Fahrzeuge tauchten auf. Josh leitete die Bilder sofort an die Perry Rhodan weiter. Troganesch drängte darauf den Flug abzubrechen, damit der seine Truppen informieren konnte.

Unmittelbar nach der Landung liefen in Krapur die Telegraphen heiß. Überall sprangen Männer auf ihre Fahrzeuge und eilten nach Erampur und Gor-Krapur. Die Perry Rhodan schickte eine Multisonde zum Mars, um die Bilder dort zu zeigen. Die Meldung der Multisonde enthielt auch eine Botschaft von Samantha Shore. Sie und ihre Mitarbeiter hatten genug gehört und gesehen, um ein Eingreifen zu empfehlen. Jetzt musste der U. N. Sicherheitsrat entscheiden. "Solange diese Entscheidung nicht vorliegt, dürfen wir euch nicht helfen" erklärte Jörg Assagima. Bob Zubrin schickte eine zweite Multisonde los und beorderte vier weitere Marsschiffe nach Trombur. Jetzt hieß es warten.

Die Rebellen bereiteten sich währenddessen fieberhaft vor. Troganesch wusste, das er die Truppen des Asgard nicht würde schlagen können. Er wirkte nervös und bedrückt. Er entschloss sich dazu, die feindliche Streitmacht auf ihrem Weg in den Flanken zu attackieren. Die Hauptarmee der Rebellen ging etwa 20 Kilometer vor Gor-Krapur in Stellung. Die Verbände, die für die Flankenangriffe vorgesehen waren erhielten fast alle Fahrzeuge, damit sie sich jederzeit in das unwegsame Gelände links und rechts der Hauptstoßrichtung zurückziehen konnten.

Am nächsten Morgen begann der Angriff. Die Flugschrauber des Asgard griffen als erstes die Frontlinie an. Dabei wurden sie von mörserbestückten Streitwagen unterstützt. Nach nicht einmal einer Stunde erzwangen die Panzerwagen den Durchbruch. Nachdem die Angreifer Erampur passiert hatten, glaubten die Kommandeure immer noch an eine gelungene Überraschung. Wenn das so weiterging, würden sie in der Nacht in Gor-Krapur sein. Hinter Erampur begannen die Rebellengruppen mit ihren Flankenangriffen. Sie attackierten dabei nie die Panzerspitze sondern ausschließlich die Truppentransporter und Nachschubfahrzeuge. Nach den Angriffen zogen sie sich jedes mal blitzartig zurück. Aufhalten konnten sie den Vormarsch freilich nicht, wohl aber verlangsamen. Sie schossen immer wieder einzelne Lastwagen in der Kolonnenmitte ab. Das hielt die nachfolgenden Fahrzeuge auf, wodurch der Tross auseinander gezogen wurde. Die Angreifer waren jedoch weit in der Überzahl und dezimierten die Rebellengruppen zunehmend.

In der Zentrale der Perry Rhodan ging derweil Jörg nervös auf und ab. Die Entscheidung, er brauchte die Entscheidung des Sicherheitsrates. Die aber ließ auf sich warten. Assagima sah, wie es in dem Marsianer arbeitete. Vor der Stadt landeten gerade die Werner Heisenberg, die Marie Curie, die Johannes Kepler und die Galileo. Die Schiffe waren mit reichlich Munition für die Railguns beladen. Aber ohne eine Entscheidung nützte das gar nichts. Trotzdem gingen die Einsatzvorbereitungen weiter. Wie konnten die Papiertiger von der UNO das wertvollste Geschenk der Menschheit einfach so vor die Hunde gehen lassen? Jörgs Nervosität nahm zu. Ohne es zu bemerken, krallte er seine Hände in die Lehne des Pilotensitzes und murmelte leise "Kommt schon! Macht hin, ihr Scheißbürokraten!"

Die Truppen des Asgard marschierten weiter vorwärts. Die Flankenangriffe der Rebellen erlahmten zusehends. Liegen gebliebene Truppenteile der Angreifer begangen damit die Rebellen in ihre Rückzugsgebiete hinein zu verfolgen. Dabei erhielten sie massive Unterstützung aus der Luft. Die Hauptstreitmacht stand nur noch 40 Kilometer vor Gor-Krapur. Dort bereiteten sich die Rebellen auf den Angriff vor. Es gab keine Informationen darüber, wie nahe die Feinde schon waren, da alle Telegraphen zerstört zu sein schienen. Der Angriff auf die Hauptstreitmacht der Rebellen begann eine Stunde später aus der Luft. Troganesch verfügte an der Front über 72 Flugschrauber. Angegriffen wurde er aber von über 400! Die Piloten Krapurs flogen zwar mit mehr Motivation und Geschick als ihre Gegner, aber schließlich mussten sie doch vor der Übermacht weichen. Nach dem Luftangriff tauchten die Panzerspitzen des Asgard auf. Trotz erbitterter Gegenwehr näherten sie sich zügig. Es schien als tauchten für jeden abgeschossenen Streitwagen zwei neue auf. Troganesch verlor jede Hoffnung. Die ersten Streitwagen erreichten die Auffanglinie der Rebellen. Die ließen im Nahkampf aber keinen Zweifel daran, dass sie nicht einfach aufgeben würden. Aber aller Heldenmut war vergebens. Unter den ständigen Luftangriffen drohte die Front zusammen zu brechen.

Troganesch wollte gerade den Befehl zum Rückzug geben, als eine mächtige Explosion in die Aufstellung der Gegner fuhr. Über ihm hing die Perry Rhodan am Himmel und nahm die Soldaten des Asgard unter Beschuss. Weitere Marsschiffe tauchten auf und griffen in das Gefecht ein. Die Entscheidung von der Erde war im letzten Moment gekommen. Die Angreifer sahen die riesigen Schiffe in der Luft kommen. Bevor sie realisiert hatten, was geschah ging die Welt für sie unter. Die Shuttles der Marsschiffe begannen damit die Flugschrauber des Asgard zu dezimieren. Es war ein ungleicher Kampf, bei dem die zahlenmäßige Überlegenheit der Flugschrauber überhaupt nichts nutzte. Auf dem Boden gingen die Rebellen zum Gegenangriff über und kreisten die Spitze der feindlichen Armee ein. Die Marsschiffe flogen an der Kolonne entlang und vernichteten einen Großteil der Panzerfahrzeuge. Die Werner Heisenberg und die Niels Bohr eskortierten die Perry Rhodan in die Mitte der Kolonne. Mit einigen Schüssen, die tiefe Krater in die Straße sprengten, zerteilten sie den Heereszug in kleinere Abschnitte. Aus den Außenlautsprechern Perry Rhodan drang Assagimas Stimme hundertfach verstärkt zu den Geschundenen herunter. Sie forderte die Soldaten auf, den Kampf einzustellen und sich zu ergeben. Die Reaktion auf dem Boden bestand zunächst in überhaupt keiner Reaktion. Die dort versammelten Truppen blickten nur erstarrt nach oben und versuchten die Stimme aus dem Himmel zu lokalisieren. Aber nicht, um sich zu ergeben, sondern um das Feuer zu eröffnen. Die Marsschiffe nahmen den betreffenden Kolonnenabschnitt unter Dauerfeuer. Erst danach begannen die ersten Angreifer ihre Waffen niederzulegen. Viele dieser ersten Welle wurden von ihren Kommandeuren einfach erschossen. Ein Flakraketenwerfer drehte die Abschussgeräte nach oben und richtete sich auf das große Kugelschiff ein. Dieser Vorgang wurde auf der Niels Bohr registriert, was dazu führte, das anstelle des Raketenwerfers und seiner näheren Umgebung ein tiefer Krater klaffte. Die Railguns der Marsschiffe schwenkten deutlich sichtbar über die Truppen hinweg. Das veranlasste die ersten Kommandeure am Boden ihren Truppen den Befehl zu Aufgabe zu geben. Die Armee des Asgard begann sich aufzulösen.

In Erampur sah die Situation völlig anders aus. Bis dort waren die Raumschiffe noch nicht gelangt. Für die dort stehenden Truppen war der Vormarsch noch immer im Gange, aber es ging einfach nicht weiter. Erste Nachrichten von der drohenden Niederlage drangen zu den rückwärtigen Truppen durch. Der Stillstand und die schlechten Neuigkeiten machten die Soldaten aggressiv und gefährlich. Sie drangen in die Stadt ein und begangen Erampur zu verwüsten. Die Menschen in der Stadt waren durch den Angriff am Morgen völlig überrascht worden und hatten keine Gelegenheit zur Flucht gehabt. Die Soldaten des Asgard plünderten, vergewaltigten und zerstörten. Erampur bekam die volle Grausamkeit einer totalitären Armee zu spüren. Über einen der wenigen noch brauchbaren Telegraphen setzten Einwohner von Erampur einen Notruf ab. Troganesch erfuhr eine gute Stunde später davon und wandte sich über ein Funkgerät, das man ihm übergeben hatte an Robert Zubrin. Der wusste auch nicht recht, was er in dieser Situation tun sollte. Er konnte ja schlecht den Befehl geben nach Erampur zu fliegen und die Stadt zusammen zu schießen. Am Boden unter den Schiffen hatten sich währenddessen die versprengten Rebellengruppen zusammengefunden. Sie begannen damit die Soldaten des Asgard zu entwaffnen und in die Gefangenschaft zu führen. Zubrin schätzte, das dort unten gut 1000 Mann standen und es kamen ständig neue hinzu. Wenn sie einen Teil davon nach Erampur fliegen würden und aus der Luft Unterstützung gewährten, ließe sich die Stadt vielleicht befreien. Zubrin rief alle Marsschiffe an und ließ sie zu seiner Position fliegen. Auf die Soldaten des Asgard am Boden hatte das den Effekt, dass die sich ein wenig schneller entwaffnen ließen. Zubrin erörterte seinen Plan, den Assagima über die Außenlautsprecher an die Rebellen auf dem Boden weitergab. Dann landeten die Perry Rhodan sowie die Schiffe der 122 Meter-Klasse neben der Straße nach Gor-Krapur. Die Galileo und die Enrico Fermi hielten die Truppen am Boden in Schach. Ungefähr 600 Mann der Rebellentruppen gingen an Bord der Marsschiffe. Viele machten ängstliche Gesichter, was so gar nicht zu diesen hart gesottenen Frauen und Männern passen wollte. Die seltsamen weißen Menschen und ihre wundersamen Schiffe waren halt nach wie vor unheimlich. Assagima wurde auf alle verfügbaren Monitore geschaltet und erklärte ihren Kämpfern, worum es bei der Sache ging. Noch während sie sprach hoben die Schiffe ab und rasten nach Erampur. Die Stadt erlebte die erste Luftlandeoperation ihrer Geschichte.

Das plötzliche Auftauchen der Marsschiffe verfehlte auch hier seine Wirkung nicht, zumal sich die Marsianer auch mit einigen Schüssen aus den Railguns ankündigten. Nacheinander und jeweils durch mindestens ein Schiff aus der Luft gesichert, wurden die Rebellen abgesetzt. Die Gruppen formierten sich und drangen in die Stadt ein, wo sie ihren Gegnern eine erbitterte Straßenschlacht lieferten. Die Raumschiffe beschossen währenddessen das Gebiet zwischen der Straße nach Gor-Krapur und dem Stadtrand. Dort versuchten immer noch weitere Truppen des Asgard in Erampur einzudringen. Angesichts der plötzlichen Wendung versuchten die Truppen in der Stadt nun wieder herauszukommen, liefen bei dem Versuch aber genau in das Sperrfeuer der Marsschiffe. Das Chaos war perfekt. Die Shuttles überflogen die Stadt und schossen auf die Soldaten, die in die Stadt hinein wollten. Irgendein fanatischer Kommandant am Boden schien den Befehl erteilt zu haben, auf Truppen die Erampur verlassen wollten zu schießen. Jedenfalls begannen die Soldaten des Asgard sich gegenseitig zu bekämpfen.

In den ganzen Irrsinn hinein dröhnte wieder Assagimas Stimme aus der Perry Rhodan. Für einen Augenblick hielten sie Soldaten inne und blickten zum Himmel. Das riesige Kugelschiff versperrte ihnen den Blick auf die Sonne. Überhaupt schien es übermächtig zu sein. Die Rebellen innerhalb der Stadt hielten nicht inne. Sie brachten Haus für Haus unter ihre Kontrolle. Eingeschlossen zwischen den Kämpfern aus Krapur auf der einen und den Raumschiffen auf der anderen Seite gaben die feindlichen Truppen sich schließlich geschlagen. Es erschien ihnen immer noch besser in die Gefangenschaft zu gehen, als geschlagen nach Yokan zurückzukehren. In Romnapur stand der Asgard an einem Fenster des Thronsaales und blickte zu den Sternen hinauf. Ja, dort würde er auch bald sein. Die letzten Nachrichten aus Krapur waren gut. Seine Stoßarmee stand nur noch 20 Kilometer von Gor-Krapur entfernt und die Schiffe der Fremden befanden sich noch immer am Boden. Sicher waren noch Weißhäuter in Krapur unterwegs und der Asgard wusste aus der ersten Begnung mit ihnen, dass sie ihre Leute offenbar niemals im Stich ließen. Die Wahrheit kannte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Jerogesch, der Oberbefehlshaber des Einmarsches traute sich nicht seinem Herrscher die Wahrheit zu telegraphieren. So sah sich denn auch der große Mann in Romnapur an Bord eines der erbeuteten Schiffe zu den Sternen fliegen. Der Himmel hinter dem Himmel würde ihm gehören.

In Krapur gingen unterdessen 30.000 Mann seiner Streitkräfte in die Gefangenschaft. In Erampur hatten die Rebellen die Truppen in der Stadt im Zentrum eingekesselt. Sie waren entwaffnet worden und warteten nun auf das was geschehen würde. Sie wurden von den Rebellen gezwungen,

sich entlang der Hauptstrasse in einer Linie aufzustellen. Dann kamen die gepeinigten Frauen der Stadt und zeigten den Rebellen ihre Vergewaltiger. Nicht selten spuckten sie den Gefangenen ins Gesicht. Die identifizierten Täter wurden aus der Linie geholt und in die Arena gebracht. Die anderen marschierten mit stumpfen Augen in eilig vorbereitete Lager außerhalb Erampurs.

Das letzte Kapitel des Einmarsches spielte sich vor Gor-Krapur ab. Dort machten Spezialkommandos der Rebellen Jagd auf Jerogesch. Man fand seine Leiche in einem der Einschlagkrater der Railguns. Jerogesch war offenbar in einer der Explosionen umgekommen. Am nächsten Tag wartete der Asgard vergeblich auf die Nachricht, dass Gor-Krapur und die Schiffe der Weißhäuter eingenommen seien. Er ließ an die Front telegraphieren, dass man sich dort sofort mit Jerogesch in Verbindung setzen sollte. Warum kamen keine Nachrichten? Dachte Jerogesch im Siegestaumel etwa gar nicht daran seinen Herrn zu informieren? Oder plante er jetzt, wo er die Schiffe besitzen musste etwa einen Putsch gegen ihn, den Asgard? Nein, das würde er nicht wagen. Von der Front kam die Meldung zurück, dass unweit der Durchbruchstelle, wahrscheinlich aus Erampur Kampflärm zu hören sei. Noch während der Asgard sich darüber wunderte, erhielt er die Nachricht, dass die große Kugel der Fremden über Erampur stände und nun gewaltige Explosionen zu hören und von der Frontlinie aus sogar zu sehen seien. Hatte Jerogesch Weißhäuter gefangen, die er jetzt dazu zwang mit ihrem Schiff Erampur anzugreifen? Oder kämpften die Weißhäuter gegen seine Armee? Dem Asgard begann in all seiner Weisheit ein Licht aufzugehen. Nein, das durfte nicht sein! Eine weitere Nachricht kam herein. Teile der Stoßarmee würden über die Frontlinie zurückkommen. Sie befänden sich augenscheinlich auf der Flucht. Dem Herrscher Yokans dämmerte, dass sich eine Katastrophe ereignet haben musste. Er befahl jeden Soldaten, der aus Krapur zurück kam sofort zu erschießen. Die flüchtenden Soldaten waren jedoch in Panik und schossen zurück. An der Front tobte der Bruderkrieg. Der Asgard lehnte sich schwer auf die Fensterbank. Was war nur geschehen? Wenn er einen Befehl gab, dann hatte das Befohlene auch so einzutreten. Jerogesch würde es nicht wagen zu versagen. Schließlich hatte er die Folterkeller, in denen er sonst enden würde zum Teil selbst mit erdacht. Als der Herrscher Yokans sich umdrehte, bemerkte er, dass sich sein Stab hinter ihm versammelt hatte. In den Augen seiner Getreuen las er nichts als Zweifel. Zweifel an ihm, dem Asgard.

In Gor-Krapur saßen am nächsten Tag die Spitzen der Rebellen, der U.N.-Kommission und der Marsleute zusammen. Die Frage war, wie es jetzt weitergehen sollte. Sam Burbank, Jaqueline, Heike und Josh unterbreiteten einen Vorschlag, wie man die Niederlage der Truppen aus Yokan den Menschen dort drüben vermitteln könnte. Josh hatte die Idee, eine Multisonde so umzurüsten, dass sie in Romnapur landen könnten. Dort gab es eine große Arena, in der normalerweise Massenhinrichtungen, Militäraufmärsche und Ähnliches stattfanden. Die Außenwände der Arena boten hervorragende Projektionsflächen. Wenn man nun in die Sonde einen Multimediaprojektor einbauen würde, sie nach Romnapur schickte und dort einen Film über die Invasion auf die Arenawand projizieren würde, wäre ihnen die Aufmerksamkeit vieler Menschen sicher. Es war zu erwarten, dass der Asgard befehlen würde, die Sonde sofort zu vernichten, was sich aber in einer großen Menschenansammlung schwierig gestaltet. Heike, Jaqueline und Sam hatten bereits ein Drehbuch entworfen. Der Ablauf der missglückten Militäraktion war darin auf 20 Minuten komprimiert. Die Luftaufnahmen von den Kämpfen wurden mit Aussagen, die das UNO-Team aufgenommen hatte und Interviews mit Frauen und Männern aus Erampur gemixt. Falls die Sonden die Aufführung in Romnapur überstanden, waren Landungen in anderen Städten Yokans vorgesehen. Aus dem All suchten Sonden nach entsprechend geeigneten Gebäuden. Damals in China war es auch die Information der Massen über das Internet gewesen, die eine Veränderung bewirkt hatte. Da die Menschen in Yokan zum ersten Mal in ihrem Leben einen Flim sehen würden, sollte der Effekt ähnlich sein. An Bord der Perry Rhodan begann die Umrüstung der Raumsonde zu einem mobilen Kino. Neben dem Beamer wurde auch eine zusätzliche Panzerung aufgebracht. Troganesch sprach die Texte ein. Für die Einleitung richtete er, von Jaqueline gefilmt, einige Worte an die Bewohner Yokans. Der Start war für den kommenden Tag vorgesehen.

In Romnapur stand der Asgard gleich vor einem ganzen Berg von Problemen. Er erhielt keine zusammenhängenden Informationen aus Krapur, an der Front kämpften noch immer seine eigenen Truppen gegeneinander und er verlor den Rückhalt seiner Vertrauten. Um sein Schreckensregime in Yokan aufrecht erhalten zu können, benötigte er überall im Land viele Truppen. Das führte dazu, dass diese jetzt an der Front fehlten. Auch für eine eventuell notwendige Verteidigung Romnapurs fehlten Soldaten. Die Stadt verfügte zwar über die größte Truppenkonzentration im gesamten Reich, dennoch hielten seine Berater das nicht für ausreichend. Inzwischen war jedem klar, dass das Unternehmen in Krapur gescheitert war. Die Rebellen würden jede Menge an Waffen und Material erbeutet haben. Truppen aus anderen Teilen des Landes wurden nach Romnapur befohlen. Vor allem die Flugabwehr erhielt erhebliche Verstärkungen. Die Maßnahmen blieben der Bevölkerung natürlich nicht verborgen. Unruhe machte sich breit. Die Menschen machten sich Sorgen. Den Soldaten aus den entfernten Regionen Yokans mangelte es häufig an Disziplin, so dass Plünderungen, Vergewaltigungen und andere Übergriffe gemeldet wurden.

In Krapur folgten die Blicke der Menschen der abfliegenden Sonde. Troganesch und seine Familie hatten sich, wie viele andere am Startplatz eingefunden. Sie standen zusammen mit vielen Marsianern vor Gro-Krapur. "Ob wir Yokan wohl jemals befreien können?" fragte Troganesch gedankenverloren. "Ich schätze mal, Yokan wird beginnen, sich selbst zu befreien. Wenn die Menschen dort drüben aufwachen, wird sich der Asgard noch schwer wundern", antwortete Heike.

Um die Lage in Romnapur zu beruhigen, hatte der Asgard die vermutlich erste weise Entscheidung seines Lebens getroffen. Soldaten durften das Stadtgebiet von Romnapur nicht mehr betreten. Nur die Palastgarde hielt die Ordnung aufrecht. Das tat sie allerdings hauptsächlich im Palastbezirk. Die anderen Bezirke der Stadt erlebten zum ersten mal die Abwesenheit von Miltäreinheiten. Im Romnapur war früher Morgen. Auf dem Platz vor der Arena boten Händler ihre Waren feil. Wie üblich waren um diese Zeit bereits viele Kunden auf dem Platz. Morgens waren die Preise noch niedrig. Wenn gegen Mittag manche Erzeugnisse knapp wurden, stiegen auch die Preise an.

Aus der Luft senkte sich plötzlich ein seltsames Gebilde herab und berührte unweit der Arena den Boden. Die Menschen erschraken. Manche liefen weg, andere bildeten in sicherer Entfernung einen Halbkreis um den seltsamen Besucher. Das Ding war einfach aus dem Himmel gekommen. Nicht so, wie ein Flugschauber, den hörte man lange vor der Landung. Dieses Ding war viel kleiner und fast lautlos erschienen. Noch während die Leute die Sonde betrachteten, erschien ein helles Rechteck auf der Mauer der Arena. Die Menschen traten einige Schritte zurück. Dann tauchte in dem Rechteck das Gesicht von Troganesch, dem Banditen aus Krapur auf. Erschrecken und Aufregung machten sich breit. Wie konnte das sein? Troganesch in Romnapur? Das Abbild des Banditen begann plötzlich zu sprechen. "Bürger von Yokan, ich bin Troganesch, der Präsident der Freien von Krapur. Ich grüße Euch!" Er grüßte sie? Seine Todfeinde? Wie gebannt schauten die Menschen auf das Bild. Die Menge wuchs schnell an. "Erschreckt nicht", sagte Troganesch, "euch wird nichts geschehen. Wir möchten euch heute die Wahrheit über den Krieg in Krapur zeigen. Die Bilder, die ihr gleich sehen werdet, sind mit einer Technik entstanden, die ihr nicht kennt. Fremde von den Sternen haben sie uns gebracht. Seht her, was die Soldaten eures Herrschers getan haben."

Kommentiert von Assagima wurden Bilder des Einmarsches gezeigt. Einige der Umstehenden bejubelten die Soldaten des Asgard. Andere schwiegen und hörten zu. Eine animierte Landkarte auf der die Zuschauer den Vormarsch verfolgen konnten erschien. Die Karte wurde immer wieder durch Interviews und Luftaufnahmen überblendet. Der Jubel nahm zu, als auf der Karte zu sehen war, wie nahe die Truppen Yokans an Gor-Krapur herangekommen waren. Dann wurde das Eingreifen der Marsschiffe gezeigt. Die Krakeeler verstummten abrupt, als sie den Untergang der Armeespitze in gewaltigen Explosionen sahen. Weitere Luftaufnahmen wurden gezeigt. Inzwischen hatten die Menschen einen dichten Halbkreis gebildet. Die ersten Soldaten der Palastwache tauchten auf, kamen aber nicht durch. Auf der Wand der Arena liefen derweil die Ereignisse in und um Erampur ab. Zwei vergewaltigte Mädchen berichteten den Leuten, was ihnen widerfahren war. Bilder der zerstörten Stadt waren zu sehen. Es folgten Aufnahmen von der Befreiung der Stadt und der Entwaffnung der Angreifer. Immer wieder wurde das gewaltige Kugelschiff der Fremden gezeigt, wie es scheinbar schwerelos über dem Schlachtfeld in der Luft schwebte. Dann erschien Troganesch wieder. "Bürger von Yokan, ich verabschiede mich nun von euch. Aber bevor ich gehe, hört eines: Wählt die Freiheit! Befreit euch vom Joch des Despoten, damit die Menschen Tromburs gemeinsam und in Frieden ihr Schicksal in die Hand nehmen können." Das Bild erlosch.

Unter viel Mühe hatten sich vier Soldaten der Palastwache nach vorn gekämpft. Sie sahen das Abbild ihres Feindes und und wollten gerade darauf schießen, als das Bild wie von Geisterhand verschwand und sich das seltsame Fluggerät so schnell es gekommen war wieder in den Himmel erhob. In der Menge war eine Mischung aus Wut, Enttäuschung und Erkennen entstanden. Die Wut richtete sich plötzlich gegen die vier überraschten Soldaten. Die Menge drang auf sie ein. Schüsse fielen, was die Meute erst richtig anstachelte. Die Soldaten wurden mit bloßen Händen erschlagen. Vier Männer nahmen den Toten Waffen und Munition ab. Als das Gros der Palastwache eintraf hatte sich die Menge bereits verstreut. Hinter vorgehaltener Hand gab es an diesem Tag in Romnapur nur ein Thema. Mundpropaganda erwies sich auch auf Trombur als die wirksamste aller Waffen. Die Sonde klapperte auf ihrer "Tournee" die meisten großen Städte Yokans ab. Überall erfuhren die Bewohner die Nachrichten aus Krapur. Der Asgard hatte die Geschichte inzwischen gehört und ließ Soldaten auf den Hauptplätzen der Städte stationieren. Bei ihrer Landung in Terempur im Norden Yokans wurde die Sonde beschossen. In diesem Fall sah das Programm vor, sofort wieder zu starten und die nächste Stadt anzufliegen. Aber auch in den anderen Städten geriet der Bote aus Krapur unter Beschuss. Josh holte die Sonde nach Gor-Krapur zurück. Die Saat war ausgebracht. Jetzt musste man abwarten, ob sie aufgehen würde.

Die Ansprache Troganesch in Romnapur versetzte den Asgard in Angst. Über welche Mittel mochten die Weißhäuter noch verfügen? Der Herrscher schlief schlecht. Er erwachte immer wieder aus unruhigen Träumen, in denen er das Riesenschiff der Weißhäuter über seinem Palast sah. Er träumte, dass die Fremden in den Palast kamen, um ihn zu holen. Und er sah die toten Frauen und Mädchen aus Kreschpalur in seinem Schlafgemach stehen, die klagend auf ihn zeigten. Ihre toten Augen starrten ihn noch am Morgen an, als er von seinem Diener geweckt wurde. In der Morgenbesprechung war der große Asgard nicht mehr derselbe. Er wirkte unkonzentriert, nervös und fahrig. Er befahl weitere Truppen von der Front und den entfernten Regionen des Reiches abzuziehen und nach und jeden Winkel Romnapurs komplett abzuriegeln. Ein Fehler, den er noch bitter bereuen sollte. Aus einigen Orten wurden fast alle Soldaten in die Hauptstadt beordert. Es dauerte nicht lang, bis die ersten Aufstände losbrachen.

Die Nachricht aus Krapur verbreitete sich wie ein Lauffeuer. In den Nächten schafften die Shuttles Handfeuerwaffen und Munition in die Orte, aus denen Aufstände gemeldet wurden. Aus den Kriegsgefangenen wurden Soldaten ausgesiebt, die bereit waren, gegen den Asgard zu kämpfen. Diese Männer wurden in kleinen Gruppen nach Yokan eingeflogen, wo sie kleinere Ortschaften unter ihre Kontrolle brachten. Der Widerstand war gering. Die meisten Truppen des Asgard befanden sich in Romnapur. Die Aktionen wurden in den kommenden Wochen fortgesetzt. An der Front griffen die Rebellen an und stießen auch dort nur auf wenig Widerstand. Anstatt die Fronttruppen zu verstärken, igelte sich der Asgard aber immer mehr in Romnapur ein. Sein Verhalten wurde zunehmend paranoid.

Die Rebellen marschierten nicht auf Romnapur sondern brachten andere Regionen Yokans unter ihre Kontrolle. Wo sie den Widerstand nicht brechen konnten, griffen die Marsschiffe ein. Für Romnapur ergab sich bald ein Problem. Immer weniger Vorräte kamen in die Stadt. Was dort ankam wurde für die Truppenversorgung benötigt. Die Menschen in Romnapur begannen Hunger zu leiden. Nach drei Monaten gelangten kaum noch Lebensmittel in die Stadt. Auch die Soldaten litten Hunger, was zu nächtlichen Plünderungen in den Außenbezirken der Stadt führte. Die Bewohner widerrum überfielen in ihrer Not Vorratslager der Armee. In Romnapur entwickelte sich ein Krieg der Armee gegen die Bevölkerung. Der Asgard war blind für all diese Entwicklungen. Er erhielt kaum noch Nachrichten aus anderen Teilen des Reiches. Er glaubte fest daran, dass sein Riesenheer ihn schützen würde. Am Ende des dritten Monats traten fast alle großen Städte im Norden den Freien von Krapur bei. Rebellenverbände erreichten die Küste östlich von Romnapur. Die Stadt war eingekesselt.

Es war ein gefährliches Gemisch, das in der Metropole Yokans regierte. In der Stadt fast vier Millionen hungernde Menschen, um die Stadt verteilt anderthalb Millionen ebenso hungrige Soldaten. Auf den Straßen herrschte nackte Anarchie. Das Gesetz des Stärkeren regierte in Romnapur. Selbst im abgeschirmten Palastbezirk waren die zunehmenden Schießereien nicht mehr zu überhören. In einer der täglichen Beratungen empfahl ein Getreuer dem Asgard aufzugeben. Der Asgard übernahm es persönlich seinen Freund am Abend im Keller zu Tode zu foltern. Er war der Asgard, unantastbar und unfehlbar.

In den kommenden Tagen nahm der Herrscher nur noch an einer Besprechung am Tag teil. Die restliche Zeit verbrachte er in seinen Gemächern, wo er Gedichte verfasste, die von der Größe des Hauses Yokan handelten. Vor der Stadt begannen die ersten Truppenteile zu meutern. Zwei Zehntausender liefen geschlossen zu den Rebellen über. Aus Krapur und dem Norden Yokans wurden umfangreiche Vorräte an die Front gebracht. Wenn Romnapur fiel, gab dort eine Menge hungriger Mäuler zu stopfen. Der Asgard verfiel zunehmend dem Wahnsinn. Dieser Zustand verstärkte sich noch, als vor dem Palast die ersten Schüsse fielen. Der Herrscher war von frühester Kindheit an dazu erzogen worden allmächtig zu sein. Sein Verstand ließ es nicht zu, dass er diese Macht verlor. In der täglichen Besprechung warf er seinen letzten Getreuen Versagen vor. In ihm keimte der Gedanke auf, dass die Männer, die noch zu ihm hielten seine Feinde seien. In seinem Wahnsinn erkannte er, dass er allein alle Macht verkörperte. Er brauchte diese Verlierer nicht.

Am nächsten Tag nahm er eine schallgedämpfte Maschinenpistole aus seinem Schrank. Viel Erfahrung mit Waffen hatte er nicht. Er musste erst probieren, wie es war zu schießen. Auf dem Flur im Palast stand eine junge Frau und wischte Staub von den Gemälden. Der Asgard legte auf sie an und drückte ab. Die ersten Geschosse gingen daneben. Die Frau versuchte wegzulaufen, wurde aber am Bein getroffen. Jetzt hatte der Asgard den Bogen raus und schoss gezielt auf ihren Körper. Herrlich, wie das Blut spritzte. Warum hatte er nicht schon früher Menschen erschossen? Welch eine Macht in seinen Händen! Er wollte noch eine Frau töten, bevor er sich seiner Feinde im Beratungssaal entledigte. Er bog um die Ecke, wo ein weiteres Mädchen damit beschäftigt war, den Boden zu reinigen. Sie sah in seine Richtung. Der Asgard hatte die Waffe schon im Anschlag und schoss auf ihren Bauch. Wunderbar, wie ihn sein Opfer angsterfüllt und bittend ansah. Ja, er hatte die Macht! Die Frau stand verkrümmt vor ihm. Er zog den Abzug durch und schoss das restliche Magazin auf sie ab. Wie wunderbar auch bei ihr das Blut spritzte. Der Asgard schob ein neues Magazin ein ging zum Sitzungssaal. Der Türdiener öffnete ihm. Am Tisch hatte sich sein Stab versammelt. Noch in der Tür begann er zu schießen. Innerhalb von einer Minute tötete er zwölf weitere Menschen. Der Türdiener stand geschockt da und verstand zu langsam, dass sein Herr völlig irre war. Er starb als Nächster. Der Wahnsinnige ging zu seinen Gemächern zurück, um neue Munition zu holen. Auf dem Weg erschoss er alle, die er antraf. Die Nachricht sprach sich im Palast herum. Das überlebende Palastpersonal floh so schnell es konnte. Mit neuer Munition versorgt durchstreifte der Asgard den Palast. Warum nur war niemand mehr da, dem er seine Macht beweisen konnte? War er etwa allein? Ach ja, er allein war die Macht. Allein! Endlich allein in seinem Reich. Er ging in den Thronsaal, nahm auf seinem Thron Platz und ersann ein Gedicht über sich und seine Größe.

Vor den Toren der Stadt flohen immer mehr Soldaten. Sie ließen Waffen und Ausrüstung zurück und sahen zu, dass sie wegkamen. Die ersten Seuchen waren ausgebrochen und die Vorräte nahezu erschöpft. Bloß weg von diesem Ort war die Devise, die um sich griff. Die hungrigen und kranken Bewohner sahen ihre Chance gekommen. Massenweise stürmten sie die verlassenen Camps und bewaffneten sich. Noch verbliebene Soldaten wurden in Kämpfe um die letzten Nahrungsmittel verwickelt. Eine entschlossene Gruppe zog zum Palast und begann die Reste der Palastwache zu bekämpfen. Der Widerstand brach schnell zusammen. Die Gruppe drang in den leeren Palast ein. Sie gingen direkt zum Thronsaal, ohne jemandem zu begegnen. Als sie dort ankamen sahen sie den Asgard auf dem Thron sitzen. Er stierte mit einem glücklichen Lächeln ins Leere und wiederholte stereotyp die Worte "Ich bin die Macht". Er bemerkte die Menschen um sich herum gar nicht. Für ihn gab es nur noch sich selbst. Die Welt um ihn herum hatte keinerlei Bedeutung mehr. Er bemerkte auch nicht, wie ihm der Führer der Eindringlinge in den Kopf schoss.

Der Kampf um Trombur war beendet. Die Rebellen marschierten in die Stadt ein. Und sie brachten Lebensmittel mit. Die Bilder, die sich ihnen boten, waren erbärmlich. Hungernde, abgemagerte Gestalten schlichen durch die Straßen. Viele Leichen lagen herum. Verwesungsgeruch lag über der Stadt. Die Sieger verteilten so rasch es ging Lebensmittel und Medikamente. Das größte Problem bestand darin, die öffentliche Ordnung wieder herzustellen. Nur allmählich stellte sich wieder Normaltität ein. Allmählich begriffen die Menschen auch, dass sie frei waren. Die Allmacht der Asgards existierte nicht mehr. Erst nach und nach wurden sich die Bewohner Yokans der Bedeutung dieser Tatsache bewusst. Als vor Jahrhunderten das Haus Yokan an die Macht kam, waren die Asgards die Väter ihres Volkes. Einer nach dem anderen wurde darauf vorbereitet Trombur zu beherrschen und den Menschen auf dem Planeten zu dienen. Das oberste Ziel der Regentschaft eines Asgard bestand darin, das Leben der Menschen zu verbessern und zu sichern. Im Laufe der Zeit stieg den Asgards die absolute Macht jedoch zu Kopf. Von Asgard zu Asgard wurde das Regime totalitärer. Der 18. Asgard aber war der Schlimmste von allen. Nun war er tot. Troganesch hatte provisorisch die Regierung übernommen. Er begann in den folgenden Monaten in den größeren Orten eine Selbstverwaltung zu installieren. Vor allem aber änderte er das Steuersystem. Nur noch ein zehntel aller Gewinne eines Ortes mussten an den Staat abgeführt werden. Das Gros stand den Städten und Dörfern für eigene Zwecke zur Verfügung.

Ein großes Problem bestand darin, dass es in Yokan nicht genügend qualifizierte Leute für die anstehenden Aufgaben gab. Das Schulsystem auf Trombur funktionierte anders, als auf der Erde. In den ersten zwölf Jahren im Leben eines Tromburianers oblag seine Erziehung den Eltern. So lernten die Kinder das Lesen und Schreiben beispielsweise zu Hause. Einmal im Jahr musste jedes Kind vor dem Obmann eines Dorfes oder einem Ausschuss in einer größeren Stadt eine Prüfung ablegen. Der Obmann teilte danach den Eltern mit, wo ihr Kind Schwächen zeigte. Mit 13 konnten die Kinder dann eine der Universitäten besuchen, was die Eltern einiges an Geld kostete. Da es in den Dörfern aufgrund der hohen Steuern in Yokan aber viele arme Familien gab, gingen deren Kinder mit 13 auf die Felder, anstatt auf die Universität. Diejenigen, die eine Universitätsausbildung bezahlen konnten, übergaben ihre Kinder in die Obhut der Mentoren. In Yokan hieß das, dass kaum echtes Wissen, wohl aber absoluter Gehorsam gegenüber dem Asgard vermittelt wurde. An den wenigen Universitäten in Krapur sah das anders aus. Troganesch holte viele Universitätsabgänger von dort nach Yokan, um die Lage wenigstens an einigen Stellen zu stabilisieren. Ein wichtiger Punkt war die Einführung von Radio und Fernsehen auf Trombur. Unterstützt von der Erde und vom Mars war das eine der ersten großen Neuerungen auf Trombur. Troganesch nutzte die neuen Medien vor allem, um Bildungsprogramme auszustrahlen. Ein japanischer Konzern errichtete in Gor-Krapur die erste Fabrik für Unterhaltungselektronik auf Trombur, um die notwendigen Geräte liefern zu können. Die UPA stellte vier Fernsehsatelliten zur Verfügung. Mit dem Fernsehen hielt auch das Telefon Einzug auf Trombur. Handelsbeziehungen zur Erde wurden aufgebaut und veränderten das Leben. Die Tromburianer genossen die neue Zeit. Es gab auch politische Veränderungen. Troganesch schloss mit den WSA-Staaten einen Beitrittsvertrag ab. Der Sternenbund war geboren.

Die 2. Entstehung

20.04.2007


Assagima saß mit Heike im Red Rock und trank Rotwein aus Newton Valley. Die beiden Frauen trafen sich immer, wenn Assagima auf den Mars kam. Heute hatte Assagima ein sehr persönliches Problem, dass man besser von Frau zu Frau besprach. "Du kennst doch Josh sehr gut, nicht wahr?" fragte die Tromburianerin. "Klar, seit dem ersten Marsflug."

"Nun ja, ich weiß nicht recht, ob ich mit dir darüber sprechen sollte".

"Worüber denn? Raus mit der Sprache. Ich bin deine Freundin. Du kannst mit mir über alles reden".

"Na ja, also Josh hat doch gerade diese gescheiterte Beziehung zu dieser englischen Physikerin hinter sich".

"Ja und? Das ist sicherlich nicht gerade toll für ihn, aber er macht nicht viel Aufhebens darum".

Assagima betrachtete ihr Weinglas. Sie wirkte irgendwie verlegen, was so gar nicht zu ihrem offenem Wesen passte. "Weißt du, ich frage mich, ob Josh vielleicht bereit wäre, na ja halt für eine neue Beziehung".

"Oh, das kann er dir nur selbst beantworten. Du scheinst ihn zu mögen?"

"Vom ersten Tag an. Er ist so ein sympathischer Kerl. Ich weiß nur nicht, wie ich es ihm sagen soll"

"Sag's ihm einfach. Josh weiß ja gar nichts von seinem Glück".

"Ja, aber wenn er mich nicht mag? Wenn er mich zurückweist?"

"Das Risiko musst du wohl eingehen. Liebe ist nun mal nicht vorhersehbar. Das gilt für uns ebenso wie für euch. Du kannst es nur versuchen. Und wenn's nicht klappt, weißt du dass es keinen Sinn hat. Aber so wie ich Josh einschätze, bist du ihm mehr als sympathisch".

"Du meinst, es könnte was daraus werden? Ich weiß gar, was ich machen soll, wenn es tatsächlich was wird. Ich meine, wie macht ihr es?"

"Wie machen wir was?"

"Na ich meine das. Wie macht ihr Liebe miteinander?"

"Du kannst Fragen stellen! Ich nehme an, genau wie ihr. Oder zumindest sehr ähnlich. Tu einfach, was du sonst auch tust".

"Du meinst, ich soll die Ratschläge aus Karaman Sutranem befolgen?"

Heike fiel fast das Glas aus der Hand! "Sag das nochmal!"

"Ach ja, das kennst du nicht. Das Karaman Sutranem ist ein uraltes Buch über die Liebe. Ein Mann namens Bhuudar hat was damit zu tun".

Heike stellte vorsichtshalber ihr Glas auf den Tisch. Sie sah Assagima an. Scheinbar stimmte etwas nicht. "Was ist denn? Habe ich was falsches gesagt?"

"Nein, nein das hast du nicht. Aber auf der Erde in Indien gibt es ein Buch das Kama Sutra heißt. Ein gewisser Buddha hat damit zu tun. Und es handelt ebenfalls von der Liebe!"

Jetzt war es Assagima, die ungläubig guckte. "Was hat das zu bedeuten? Wie können wir die gleichen Bücher haben?"

"Ich weiß es nicht, aber irgendwas ist verdammt faul in unserer Vergangenheit. Und was Josh angeht, da kommt er gerade. Ciao meine Liebe, ich gehe jetzt nach Hause. Und viel Glück, die Gelegenheit ist günstig".

Heike begrüßte Josh im Gehen und zeigte auf den Tisch, wo Assagima saß. Josh setzte sich zu ihr und bestellte sich ein Bier. Assagima wusste nicht recht, was sie sagen sollte. Sie hatte ein ziemlich flaues Gefühl im Magen und ihr war plötzlich so warm. Josh plapperte unterdessen munter drauf los. Er redete über alles mögliche, vor allem über neue und unglaublich coole Rapsongs aus Amerika. Und wenn Josh einmal redete, war er nur schwer zu bremsen. Irgendwann nahm Assagima all ihren Mut zusammen. "Josh, darf ich dich was fragen?"

"Klar, willst du wissen, wer die angesagteste Rapband aus L.A. ist?"

"Nein, was Ernstes".

"Was Ernstes? Schieß los!"

"Ich weiß nicht wie. Ich meine, ich glaube. Josh ich mag dich sehr gern!"

Wenn Josh eben noch lustig über die Musikszene doziert hatte, blieb ihm jetzt der Mund offen stehen. "Wie meinst du das, du magst mich sehr gern?"

"Na ja, ich meine, ach was solls! Josh, ich liebe dich!"

Josh sagte für eine Weile gar nichts. Dann sagte er "Wow"

"Was heißt das?" wollte Assagima wissen.

"Das weiß ich auch noch nicht. Aber irgendwie mag ich dich auch sehr gern."

Assagima wirkte sehr verlegen. Hatte sie etwas falsches gesagt? Josh nahm ihre Hand. Assagima wurde noch ein bischen wärmer. Ihr Herz schien so laut so schlagen, dass es im ganzen Red Rock zu hören sein musste. "Ja, ich habe dich sogar verdammt gern" sagte Josh. Assagima lächelte ihn an. Ihre Augen leuchteten. "Und was machen wir jetzt, wo wir uns gern haben?" fragte sie. "Zum Beispiel das" antwortete Josh und küsste sie. Während im Red Rock noch interstellare Beziehungen vertieft wurden kam Heike zu Hause an. Pascal saß im Wohnzimmer und las ein Buch. "Hi", begrüßte er Heike, "da ist ja mein Sonnenschein. Wie war's im Red Rock?" "Hallo Schatz, ich hatte mit Assagima ein Gespräch von Frau zu Frau, du weißt schon" gab Heike zurück. Nein, wusste er nicht. Bei Frauen konnte man nie so genau wissen, worüber sie von "Frau zu Frau" so redeten. "Ich glaube, unsere Kulturen sind viel enger verbunden, als wir das bislang annehmen" fuhr Heike fort."

"Ja, glaube ich auch. Heute Abend gab's einen Bericht darüber. Seit sich ein Haufen Wissenschaftler auf Trombur damit befasst, kommen jeden Tag neue Zusammenhänge ans Licht. Mimik und Gestik sind sich wahnsinnig ähnlich, dann die Sache mit dem Kaffee. Und die Familienstrukturen. Es scheint beinahe, als hätten wir einen gemeinsamen Ursprung."

"Und wir lesen sogar dieselben Bücher!"

"Was? Dieselben Bücher?" Pascal schien wirklich überrascht zu sein. "Du meinst Terry Pratchett hat die Scheibenweltromane auch auf Trombur raus gebracht?"

"Das nun nicht gerade. Assagima hatte heute Abend ein ziemlich persönliches Problem. Sie hat sich in Josh verknallt."

"Oh, Josh! Na ja, ich denke dem Jungen kommt das nicht ungelegen nach der Geschichte mit Betty. Und?"

"Na ja, sie war ziemlich nervös deswegen. Sie wusste nicht, wie sie es anstellen sollte. Und dann die Sache mit dem Sex. Assagima hat mich gefragt, wie das bei uns so gemacht wird. Im Laufe des Gespräches hat sie mir dann erzählt, dass es auf Trombur ein Buch darüber gibt. Und jetzt halt dich fest; das Buch heißt Karanam Sutranem und ein gewisser Bhuudar hat etwas damit zu tun."

"Wow, das ist ja ein Ding! Wir sollten uns morgen sofort mit den anderen darüber unterhalten. Irgendwie scheinen in unserer Geschichtsschreibung Lücken zu klaffen. Ziemliche Lücken sogar. Was meinst du, wird das was mit Josh und Assagima?"

"Das werde ich morgen mit einem von den beiden persönlich besprechen. Nicht, das ich neugierig wäre, aber es gibt Dinge, die muss ich einfach wissen. Was meinst du denn, wird aus uns beiden heute Abend noch was?"

Für den nächsten Tag hatte Bob Zubrin eine Besprechung einberufen. Es ging darum, dass aufgrund der Größe und den vielen Menschen im Sternenbund Transportengpässe auftraten. Die UPA hätte zwar genügend Schiffe produzieren können, aber die kleine Marsrepublik konnte die notwendigen Besatzungen nicht stellen, ohne dass es woanders zu Engpässen gekommen wäre. Zubrin machte deshalb den Vorschlag, den Mandelbrotgenerator auf der Erde patentieren zu lassen. Zumindest in den WSA-Staaten, deren Verbindungen untereinander ohnehin mehr als gut waren. Die Geheimhaltung der marsianischen Technik war ohnehin immer schwieriger aufrechtzuerhalten. Zwar wurde der Begriff Mandelbrotgenerator nie im Gespräch mit Menschen von der Erde verwendet, was bis jetzt auch sonderbarer weise gut funktioniert hatte, aber irgendwann würde sich jemand verplappern. Auf der Erde versuchten praktisch alle größeren Nationen durch eigene Forschungen hinter das Geheimnis der UPA zu kommen, bisher fehlte ihnen nur die richtige Spur. Die Forschungen auf der Erde bewegten sich alle im Rahmen der klassischen Physik. Zubrin hielt den Zeitpunkt für gekommen das Geheimnis zu lüften. "Eine große Entscheidung," gab er zu bedenken, "aber die Menschheit ist bereits ins All aufgebrochen. Und ich bin überzeugt, dass uns daraus kein Nachteil entsteht. Ich möchte deshalb darüber abstimmen lassen. Also, wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen." Er selbst hob als erster die Hand. Unter den zwölf Anwesenden folgten neun seiner Geste. "Gut, dann sollten wir uns jetzt darüber unterhalten, wie wir vorgehen." Bis zum Mittag hatten sie ein Konzept entwickelt, um der Menschheit ein Geschenk zu machen, dass ihr Denken und Handeln bereits nachhaltig verändert hatte.

Josh schien heute nicht so ganz bei der Sache zu sein. Dafür lächelte er jeden an. Heike und Pascal konnten sich denken warum. In der Mittagspause sprach Heike ihn an. "Na großer Krieger der Diola, haben wir denn gestern eine Eroberung gemacht?" Josh schaute ein wenig verdutzt, dann fiel ihm wieder ein, dass Heike gestern ebenfalls im Red Rock war. "Ganz im Gegenteil, ich bin erobert worden. Hast du etwa was damit zu tun?" "Ich?" fragte Heike gedehnt, "Nein, wie kommst du denn darauf? Josh, ich bitte dich, sehe ich aus wie eine Kupplerin?"

"Nein selbstverständlich nicht. Du doch nicht. Aber trotzdem danke, dass Du Assa ein paar Tipps gegeben hast."

Nach der Pause setzten sie ihre Besprechung fort. Unter dem Punkt Verschiedenes brachte Heike die Geschichte mit dem Karaman Sutranem zur Sprache. Josh grinste und sagte "Muß ein tolles Buch sein!" Außer Heike und Pascal verstand keiner so recht, wie er das genau meinte. Markus Landgraf stand auf und schrieb die Worte Kama Sutra, Buddha, Karaman Sutranem und Bhuudar auf ein Flipchart. Er blieb eine Weile davor stehen, bevor er sich an die Gruppe wandte. "Irgendwo da draußen, wer weiß wie weit von hier, müssen Menschen und Tromburianer einen gemeinsamen Ursprung haben. So viele Analogien können nicht mehr zufällig sein. Vielleicht ist das ja unsere Bestimmung. Vielleicht ist es das, was uns zu den Sternen treibt. Den Ursprung zu finden." Einige der Anwesenden nickten bedächtig. Und jeder hatte Fragen. So unendlich viele Fragen.

17.05.2007

In Baltimore tagte die WSA-Konferenz. Bob Zubrin hatte sich eine überdurchschnittlich lange Redezeit reserviert. Zudem hatte er darum gebeten, als erster sprechen zu dürfen. Allerdings wusste noch niemand, worum es ihm ging. Zubrin trat vor die ca. 700 Delegierten unter denen sich auch die Staatsoberhäupter der WSA befanden. Neben ihm stand ein verhüllter, etwa 150 Zentimeter langer und 100 Zentimeter hoher Gegenstand. Ein Beamer warf das Logo der Mars Society, jetzt Flagge der UPA, an die Wand. Die Delegierten hatten eine Ahnung, dass etwas Großes passieren würde. Immerhin fand Zubrins Rede unter Ausschluss der internationalen Presse statt. "Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie und freue mich, dass Sie meiner Bitte, als erster zu ihnen sprechen zu dürfen gefolgt sind. Um ihnen zu erklären, worum es heute geht, muss ich ein wenig in die Vergangenheit abschweifen, was Sie mir hoffentlich nachsehen werden. Lassen Sie mich über den 22. Juni 1999 sprechen, dem Tag, an dem die neue Geschichte der Menschheit begann. Sie sehen hier ein Labor in einem Kabelwerk in Stadthagen in Deutschland. Das ist der ehemalige Arbeitsplatz von Nataliya Moiseyenko und Jörg Schabeck, die ihnen allen mehr als nur bekannt sein dürften. Nun, das Werk erwies sich für den Konzern als nicht mehr rentabel und war zu diesem Zeitpunkt bereits geschlossen. Jörg und seine und ein paar andere wickelten den Betrieb nur noch ab. Viel zu tun gab es damals nicht mehr und so nutzten die Leute ihre Zeit irgendwie. Jörg ließ damals seinen Computer Fraktale berechnen, um die Zeit totzuschlagen. Am besagten Tag hatte er die Idee, eine Fraktalgrafik dreidimensional abzubilden. Und raten sie mal, was dabei herauskam?" Zubrin enthüllte den Gegenstand auf der Bühne. Zum Vorschein kam ein unregelmäßiges Gebilde. Zugleich wurde auf der Leinwand eine Mandelbrotmenge berechnet. Erst zweidimensional, dann erfolgte die Umwandlung in ein räumliches Modell. Unter den Delegierten machte sich Unruhe breit. Im ganzen Saal wurde getuschelt. "Die Geschichte wäre völlig anders verlaufen," fuhr Zubrin fort, "wenn nicht Nataliya Moiseyenko die Idee gehabt hätte, dieses Ding hier auf der Bühne als Nachttischlampe haben zu wollen." Zubrin berichtete über die weiteren Ereignisse. Bilder des Ugly Sumo und des Fractal Flyers wurden gezeigt. Sein Vortrag endete mit Bildern vom Start der Mars Discovery. "Das also ist die Geschichte des Mandelbrotgenerators. Jetzt kennen Sie das Geheimnis unserer Technik. Ich bin davon überzeugt, dass die Menschheit heute an der Schwelle steht, diese Technik zum Wohle aller zu nutzen. Ich bin auch davon überzeugt, dass die Menschheit bereit und in der Lage ist, den Weltraum zu erforschen und zu besiedeln. Ich danke Ihnen."

Im Saal zeigten sich höchst unterschiedliche Reaktionen. Viele klatschten stürmischen Beifall. Einige Wissenschaftler, die seit Jahren versuchten hinter das Geheimnis zu kommen, schlugen sich vor die Köpfe. Die Lösung lag die ganze Zeit so nahe. Wieso nur war nie jemand darauf gekommen? Irgendjemand im Publikum sagte "Die haben uns ja noch viel mächtiger verarscht, als wir je gedacht hätten". Nach Zubrins Eröffnung wurde der Rest der Konferenz praktisch bedeutungslos. Vertreter von Firmen, die für verbesserte Ionenantriebe werben wollten, packten ihre Unterlagen wieder ein. Auch solche, die für eine Missionsidee ein Marsschiff zur Verfügung gestellt haben wollten, verzichteten auf ihre Beiträge. Eilig wurden Verhandlungen über Lizenzrechte und Konstruktionsunterlagen anberaumt. Firmenvertreter aus Russland, den USA und Europa fanden sich zusammen, um auszuloten, wer zukünftig was bauen würde. Die Regierungsoberhäupter führten eine improvisierte Minitagung durch, um ihre Raumfahrtprogramme zu modifizieren. Am Abend ging eine Pressemeldung raus, woraufhin Erdölaktien in den Keller rutschten. Öl? Wer brauchte das denn noch? Zumindest würde der Verbrauch sich drastisch reduzieren. Dafür schossen die Aktien der Produzenten von Solarzellen rapide in die Höhe. Wenn etwas auf Ereignisse umgehend reagiert, dann ist es eben die Wirtschaft.

Andere Gesellschaftsbereiche folgten. In den Monaten nach der Konferenz erlebte die Erde einen der grundlegensten Umbrüche überhaupt. An den Universitäten war jeder Studiengang, der irgendwie mit der Raumfahrt zusammenhing sofort ausgebucht. Die Anzahl der Raumfahrtprogramme verzehnfachte sich. Astronaut schien plötzlich der einzig erstrebenswerte Beruf zu sein. Die Einführung des Mandelbrotgenerators zog aber auch eine industrielle Revolution nach sich. Produktionsvorgänge, die bislang zu energieaufwendig waren, bekamen neue Chancen. Nur einen Monat nach der nach der Übergabe begann in fast jedem WSA-Land die Produktion von Raumschiffen.

Auch auf dem Mars stand der Fortschritt nicht still. Dort konzentrierte man sich jetzt aber auf andere Ziele. Die Marsbewohner wollten sich nach den Turbulenzen auf Trombur lieber der Erforschung des Weltalls zuwenden. Das große Ziel lautete den Ursprung der Menschheit zu finden. Eine Forschergruppe vom Mars entdeckte auf Trombur eher zufällig ein uraltes Dokument. Björn Grieger fand es, als er mit Boo Maxwell und Carol Stroker auf dem Markt von Terempur nach Souvenirs suchte. Ein alter Händler bot an seinem Stand ein buntes Sammelsurium von Ausgrabungstücken und Antiquitäten an. Carol Stroker nahm einen nahezu vollständig erhaltenen Steinkrug in die Hand, um sich das Stück näher zu betrachten. Sie wollte ihn gerade wieder zurückstellen, als Björn Grieger an die Stelle, wo der Krug gestanden hatte griff und ein zusammengefaltetes Stück Stoff in die Hand nahm, das Carol für eine Unterlage gehalten hatte. "Was hast du da?", wollte sie wissen. Björn entfaltete den Stoff vorsichtig. Was darauf zu sehen war, waren die verblassten Überreste von etwas, das wie eine Sternkarte aussah. Rund um die Karte waren Verzierungen und Schriftzeichen angebracht. "Ich weiß es noch nicht. Sieht aus, wie eine Sternkarte, findest du nicht?" Björn wandte sich an den Händler. "Wie viel willst du dafür haben?" Der Alte wand sich, als ob es ihm peinlich wäre einen Preis zu nennen. "Na ja Fremder, das ist ein sehr altes Stück aus der nördlichen Wüste, weißt du. Ich habe es von einem Wanderer, der in den Ruinen der versunkenen Stadt Kelamnapa nach Schätzen grub."

"Wie viel?"

"Ach weißt du Fremder, ich besitze das Stück schon sehr lange. Es würde mir wirklich schwer fallen, mich davon so einfach zu trennen. Du musst wissen das..."

"WIE VIEL?"

"Äh gut ähem, zwei 10er-Würfel und fünf-1er, Fremder. Aber nur, weil du ein Freund von den Sternen bist!"

"Ich gebe dir einen 10er und fünf 1er. Aber nur, weil du dann immer noch gut verdient hast."

"Zwei 10er?" verlangte der Alte zu wissen.

"Okay, zwei 10er. Oh Mann, der muss mal auf irgendeinem Markt in Marokko einen Stand gehabt haben."

Björn verpackte die Karte und sie machten sich auf den Weg zu ihrem Shuttle. In zwei Stunden startete die Stephen W. Hawking zum Mars. Auf dem Mars vergaß Björn die alte Karte zunächst wieder. Er hatte viel Arbeit auf dem Tisch. Erst als er ungefähr zwei Wochen später mit Jörg, Pascal und Josh im Red Rock saß, fiel ihm sein Souvenir wieder ein. Pascal erzählte gerade von seinem Besuch in der Bibliothek von Romnapur. Mit einer tromburianischen Studentin hatte er Bücher durchforstet, die über die tiefste Vergangenheit Tromburs berichteten. In einem davon hatte er eine Zeichnung gefunden, die eine Sternkarte zu sein schien. Die Studentin übersetzte die Namen der Sterne für ihn. In der folgenden Nacht besuchte Pascal gemeinsam mit der Studentin das Observatorium. Dabei fand er heraus, dass die Sterne auf der Karte von Trombur aus gesehen in ganz anderen Positionen standen. Pascal benutzte seinen Palmtop. Darauf befand sich ein Astronomieprogramm. Er probierte eine Weile herum und fand schließlich die Position von der aus man diese Konstellation sehen könnte. Sie lag 91 Lichtjahre entfernt im Weltall! "Bist du dir sicher, dass die Namen der Sterne stimmen?" fragte er seine Begleiterin. "Klar bin das, die alte Sprache Tromburs ist schließlich mein Hauptfach. Und die Bezeichnungen sind eindeutig" lautete die Antwort. Leider sagte das Buch nichts über das Alter der Karte aus. Dort stand nur zu lesen, dass sie eben sehr alt sei. Als Fundort wurde die Ruinenstadt Kelamnapa in der nördlichen Wüste angegeben. Björn fiel seine eigene Karte wieder ein. "Hast du zufällig ein Bild von der Karte?", fragte er Pascal. "Klar, ich habe sie fotografiert. Müsste jetzt auf deinem Palm sein." Björn nahm seinen Minicomputer aus der Tasche und betrachtete das Bild eingehend. "Ich glaube," sagte er, "ich habe das Original dieser Karte." Jörg schaute ihm über die Schulter. "Wo hast du sie?"

"Liegt bei mir zu Hause. Ist noch im Reisegepäck." Jörg kontrollierte seinen Terminplan. "Wir treffen uns morgen um 14:00h im Science Center. Passt Euch das? Björn, bring bitte die Karte mit. Josh, würdest du Assagima bitten mitzukommen? Pascal, schick deine Berechnung schon mal auf den Zentralcomputer im Science Center. Und ich sauge jetzt noch den Rest Bier an, dann geh ich nach Hause." Die anderen tranken ebenfalls aus und gingen heim. Außer Assagima und Josh fanden sich am nächsten Tag alle im Labor des Science Centers ein. Björn entrollte die Karte und verglich sie mit dem Bild auf seinem Palmtop. Es handelte sich tatsächlich um die gleiche Karte. "Wir sollten versuchen das Alter von dem Ding zu bestimmen" schlug Pascal vor. "Okay, ich schneide einfach mal eine kleine Ecke ab" erwiderte Björn und griff nach einer Schere. Der Versuch das Material zu trennen ging jedoch völlig daneben. Die Schere ging einfach nicht durch. "Was ist das denn?" Björn versuchte es erneut. Das Ergebnis blieb dasselbe. "Entweder ist die Schere stumpf, oder das Stück Stoff dort ist fester als Stahl" kommentierte Jörg die Versuche. "Woraus mag das Ding sein? Vielleicht haben wir mit dem Trennlaser mehr Erfolg" vermutete Pascal. In diesem Moment tauchten auch Assagima und Josh fröhlich tuschelnd und Arm in Arm auf. "Das Recht der Frischverliebten!" kommentierte Josh die vorwurfsvollen Blicke. Jörg berichtete, was sie bis jetzt versucht hatten. Assagima lachte, "Das braucht ihr gar nicht zu versuchen. In Gor-Krapur existiert noch so eine Karte. Das Zeug scheint irgendwie unzerstörbar zu sein. Ein wütender Universitätsprofessor, der einfach diese Sterne am Himmel nicht finden konnte hat vor ein paar Jahren versucht das Ding zu zerreißen. Seine Studenten haben sich köstlich amüsiert. Verbrennen hat auch nicht geholfen." Björn sah die Karte wieder an. "Wir wollten es mit dem Trennlaser probieren. Wenn das Zeug nicht brennt, könnte das vielleicht zum Erfolg führen"

Mit dem Laser hatten sie schließlich Glück. Das nächste Problem ergab sich bei dem Versuch das Alter der Karte zu bestimmen. Alle Methoden versagten. Jörg versuchte das Material zu analysieren. Auch hier bekam er kein Ergebnis. Die Karte widersetzte sich allen Versuchen das Geheimnis ihrer Herkunft zu entschlüsseln. Aber wie konnte es eine Sternkarte auf einem Planeten geben, auf dem Raumfahrt unbekannt war und die eine Position zeigte, die 91 Lichtjahre entfernt im Weltraum lag? "Was ist eigentlich an der Position auf der Karte?" wollte Josh wissen. Pascal zog das Astronomieprgramm auf seinem Palmtop zu Rate. "Der Stern Hassaleh. Das ist ein oranger Riese, Spektralklasse gK3, wird auch Iota Aurigae genannt." Jörg dachte kurz nach. "Wie weit ist Iota Aurigae vom Mars entfernt?" Björn rechnete wieder. "228 Lichtjahre." Sie beschlossen mit Bob Zubrin darüber zu sprechen. Es sah ganz danach aus, als ob Iota Aurigae das nächste Ziel ihrer Suche sein würde. Vorher wollten sie aber noch Trombur, um sich dort die Karte anzusehen, von der Assagima gesprochen hatte. Vielleicht gab es darauf einen weiteren Hinweis. Und vielleicht konnten sie dort mehr über die Vergangenheit von Kelamnapa herausfinden, von wo auch die zweite Karte stammte. Bob Zubrin hörte ihnen fasziniert zu. Er war sofort Feuer und Flamme für die Expedition. Diesmal würden sie mit drei Schiffen fliegen. Zubrin war sich ziemlich sicher auch im System von Iota Aurigae einen bewohnten Planeten zu finden.

26.04.2007

Die William Herrschel war vor zwei Stunden zusammen mit der Johannes Kepler und der Tycho Brahe in Krapur gelandet. Jetzt standen Björn, Jörg und Assagima in der Universität und betrachteten die dortige Karte. Auf der war eine andere Konstellation abgebildet. "Das hier ist Nath, unser Heimatstern" erklärte Assagima und zeigte auf die Mitte der Karte. Björn ermittelte sofort, von wo aus die abgebildete Konstellation so zu sehen wäre. "Hey, das ist ja von unserer Sonne aus!" Wieder eine Überraschung, die mehr Fragen als Antworten aufwarf. "Assagima, wie alt ist Kelamnapa?" Die Angesprochene holte tief Luft. "Puuh, das wissen wir nicht, aber in den ältesten Aufzeichnungen, die wir besitzen wird Kelamnapa schon als Ruinenstadt bezeichnet. Seit 8000 Jahren so etwa. Aber Kelamnapa liegt auf einem Hügel und der Wind bläst die Ruinen immer wieder frei. In der nördlichen Wüste wechselt die Windrichtung sehr oft, wißt ihr?" Wer konnte vor 8000 Jahren oder wer weiß wie lang davor Nath aus dem Sonnensystem heraus betrachtet haben und das auch noch kartographieren? Und wie zum Teufel ist die Karte dann nach Trombur gelangt? Oder hatte vor 8000 Jahren hier schon jemand die Möglichkeit besessen, die Kartographierung von Trombur aus vorzunehmen? So viel war klar, das nächste Ziel hieß Kelamnapa.

Björn flog vorher noch mit dem Shuttle nach Romnapur, um dort die tromburianische Studentin zu finden, die ihn in die Bibliothek begleitet hatte. Ihre Kenntnisse der Alt-tromburianischen Sprache würden in Kelamnapa sicher nützlich sein. Björn fand sie in der Bibliothek. Das Mädchen mit dem Namen Issala war in der Zwischenzeit nicht untätig gewesen, sondern hatte versucht Einzelheiten über die Fundstätten in Kelamnapa heraus zu bekommen. Issala erkannte Björn wieder und begann sofort ihm über ihre Entdeckungen zu berichten. Björn hörte ihr einen Augenblick zu und sagte dann "Issala, möchtest du mit uns nach Kelamnapa kommen?" Natürlich wollte sie, also fuhren sie zur Universität und besprachen die Angelegenheit mit ihrem Professor. Der stimmte sofort zu. Aus eigenen Mitteln hätte die Universität eine Expedition in die nördliche Wüste niemals durchführen können. Danach fuhren sie noch bei Issalas Eltern vorbei, die furchtbar stolz darauf waren, dass ihre Tochter mit den Fremden von den Sternen auf eine Expedition ging. Jörg setzte eine Multisonde zum Mars ab, mit der Botschaft, dass man dort im Internet doch einmal recherchieren sollte, ob solche Karten in Indien bekannt seien. Nach Björns Rückkehr flogen die Schiffe nach Kelamnapa.

Die nördliche Wüste entpuppte sich als Gegenstück zur irdischen Sahara. Auch die Größe kam ungefähr hin. Ziemlich genau in der Mitte der Einöde erhob sich eine Hügelkette auf deren höchster Erhebung die Ruinen von Kelamnapa dem ständigen Wind trotzten. Issala hatte aus einem Buch eine handgezeichnete Karte abgezeichnet, die sie auf dem Flug mit Satellitenaufnahmen der Stadt verglichen. Die meisten Straßenzüge und Gebäudekomplexe stimmten überein. Weiterhin hatte Issala die Berichte über Funde in Kelamnapa durchforstet und herausgefunden, dass die Karten aus einem großen Tempelkomplex am östlichen Stadtrand stammten. Damit war die grobe Marschrichtung immerhin schon einmal klar. Unklar war, wie alt die Ruinen wirklich waren. Unklar war auch, wer einmal dort gelebt hatte. Die Schiffe landeten auf verschiedenen Plätzen zwischen den zerfallenen Gebäuden. Es gab keinen Platz, der groß genug gewesen wäre, allen drei Schiffen Platz zu bieten. Insgesamt zählte die Expedition 32 Mitglieder, die außer den beiden Frauen von Trombur alle vom Mars kamen. Kurz nach der Landung versammelte Jörg alle Teilnehmer auf dem Platz im östlichen Tempelkomplex. Er erzählte, was sie bis jetzt wussten und wonach sie konkret suchten. Anschließend wurde die Ausrüstung entladen und vorbereitet. Nataliya stand inmitten der uralten Gebäude und drehte sich im Kreis. "Ach, ist das nicht umwerfend?", rief sie, "Ich fühle mich wie Schliemann in Troja!" Auch die anderen Mitglieder waren zutiefst beeindruckt.

Zu ihren Blütenzeiten musste Kelamnapa einmal eine mächtige Stadt gewesen sein. Dabei wirkte die Bauweise der Gebäude nur teilweise antik. Die Bewohner schienen mit modernen Bautechniken durchaus vertraut gewesen zu sein. Dafür sprach schon allein die unterirdische Kanalisation, die als erstes entdeckt wurde. Jörg versuchte an einigen kleineren Trümmerstücken eine Altersbestimmung durchzuführen. Diesmal hatte er mit der Heliummethode mehr Glück, als bei der Karte. Nur das Ergebnis warf ihn praktisch um. Die Stücke waren ca. drei Millionen Jahre alt! Nachfolgende Versuche bestätigten dieses Ergebnis. Wie konnte es sein, dass eine Stadt drei Millionen Jahre alt war und noch immer existierte? Die Gebäude hätten durch Erosion oder geologische Vorgänge längst zu Staub zerfallen sein müssen. Jörg sah sich das Baumaterial näher an. Es war völlig mit Sand und mineralischen Ablagerungen verkrustet. Er nahm eine Drahtbürste und begann ein Trümmerstück zu reinigen. Zum Vorschein kam ein glitzernder transparenter Stein. Die Analyse des Materials zeigte zu 99% reinen Kohlenstoff an. Kelamnapa war aus Diamanten erbaut worden! Durch ihre Lage in der Mitte der Wüste hatten nur gelegentlich Forscher die Stadt besucht, was auch die dürftigen Berichte über sie erklärte. Eine Stadt aus Diamant! Welches Volk mochte das vor drei Millionen Jahren zustande gebracht haben?

Am nächsten Tag untersuchten verschiedene Gruppen die Tempelanlage. Felix Kalkum entdeckte einen Zugang, der in ein Kellergewölbe zu führen schien. Der Gang war jedoch unmittelbar hinter dem Eingang verschüttet. Wenigstens war jetzt aber bekannt, wie mögliche Zugänge aussahen und wo man suchen musste. Heike und Assagima fanden den nächsten Zugang. Hier kamen sie wesentlich weiter, bis der Gang vor einer massiven, runden Tür endete. Hier unten hatte der Sand weit weniger zerstörend, als an der Oberfläche gewirkt. Neben der Tür fanden sie einen Öffnungsmechanismus. Bei näherer Betrachtung fanden sie heraus, dass die Tür offenbar einmal elektrisch betrieben worden war. Josh und Pascal besorgten Werkzeug und begannen damit, den vermeintlichen Türöffner vorsichtig auseinander zu bauen. Zum Vorschein kamen Kontakte und Schaltkreise. Mittels einer Batterie und frisch eingezogenen Kabeln versuchten sie die Tür zu öffnen. Ihre Bemühungen scheiterten aber jedes mal. Die Bauweise des Schalters war absolut fremdartig. Volker Mang schaffte es dennoch nach zwei Tagen die Technik zu rekonstruieren. Die Tür glitt mit einem millionenjahre altem Ächzem nach unten weg. Auf der anderen Seite wurde der Öffnungsmechanismus ebenfalls wieder aktiviert, bevor sie weitergingen.

In dem Gang dahinter offenbarten sich die Wunder einer vergangenen Hochkultur. Die Wände waren hier drinnen von der Erosion völlig unberührt geblieben. Sie glitzerten im Licht der Scheinwerfer in tausend Farben. Von der Johannes Kepler aus, die dem Eingang am nächsten stand, wurde eine Energieversorgung in das Gewölbe gelegt. Der diamantene Gang endete nach etwa 50 Metern vor einer weiteren Tür, die sich nach dem Umbau des Öffnungsmechanismus ebenfalls nach unten öffnete. Diesmal war aber nur ein leises Zischen zu hören. Bis jetzt waren sie auf keinerlei Einrichtungsgegenstände gestoßen. Im nachfolgenden Gang stießen sie auf eine Seitentür, die den Zugang zu einem runden, ca. fünf Meter durchmessenden Raum freigab. In der Mitte des Raumes befand sich etwas, das wie eine Art Maschine aussah. Die Bedeutung ließ sich jedoch auch bei näherer Betrachtung nicht enträtseln. Die Expeditionsteilnehmer beschränkten sich darauf die Maschine zu filmen. Die unbekannte Technik schien sich auf jeden Fall auf einer weit höheren Entwicklungsstufe zu befinden, als das die gegenwärtige tromburianische. Bis auf die seltsame Maschine war der Raum leer. Sie drangen auf dem Gang weiter vor. Diesmal trafen sie auf eine sehr große Tür. Dahinter lag ein großer Saal, mit einem Durchmesser von rund 30 Metern. In dem Saal standen vielerlei undefinierbare Gerätschaften. In die Wände waren in regelmäßigen Abständen runde Bildschirme eingelassen. In der Mitte des Saales befand sich ein Tisch mit einem Sessel davor. Beides war von Größe und Ergonomie her eindeutig auf einen Menschen zugeschnitten. Auf dem Tisch stand eine senkrecht stehende, runde Scheibe. Davor waren mehrere Rollen eingelassen, die sich mit der Hand drehen ließen. Auf den Rollen war keinerlei Beschriftung erkennbar. "Also ihr könnt mich totschlagen," sagte Josh, "aber für mich sieht das aus wie ein Computer." Heike konnte nicht umhin die Rollen zu drehen. Ein drei Millionen Jahre alter Computer. "Was mein ihr," fragte sie, "was haben die verwendet? Windows oder OS/2?" "Linux!" versicherte Josh, "Das waren sicherlich ganz ausgebuffte Hacker. Coole Freaks, die mit nem Joint unter der Nase und zu Grandmaster Flash and the furious five ganz easy die Menschheit ins Universum gebeamt haben. Ich hab euch immer gesagt, dass Gott nen cooler funky man war."

"Hat irgendjemand vielleicht etwas außer Funk und Gras zu dem Thema beizutragen?" fragte Jörg mit einem strafenden Blick auf Josh. Keiner sagte etwas. Das hier war einfach zu unwirklich und zu unglaublich. Heike drehte weiter gedankenverloren die Rollen. Dabei erwischte sie eine kleinere Rolle, die sich neben den anderen befand. Plötzlich begannen die umstehenden Aggregate zu summen und von irgendwo her kam Licht aus der Decke. Heike sprang erschrocken von dem Tisch weg. Die Bildschirme in der Wand fingen an zu leuchten. Jeder in einer anderen Farbe. Und dann saß auf dem Stuhl auf einmal ein Mann!

Die Gruppe wich zurück. Keiner wusste, was hier los war. Der Mann auf dem Stuhl drehte sich zu ihnen um. Er war schwarz, alt und trug bunte Kleidung, die in jeder New Yorker Diskothek der Knaller gewesen wäre. Sein Haar und sein seltsam geschnittener Bart waren schneeweiß. Der Mann bewegte die Lippen und in ihren Köpfen ertönte eine wohlklingende Stimme. "Aah Besuch!", sagte der Alte und grinste zufrieden., "Ist schon lange her, dass mal wer vorbei geschaut hat. Meine Güte! Fast drei Millionen Jahre! Ts ts ts, wie die Zeit doch rennt. Aber na ja, mich stört das nicht. Wisst ihr, ich kann ewig warten. Ich bin nämlich nur ein Hologramm." Nach einem Hologramm sah der Mann nun wirklich nicht aus. Er wirkte absolut real. Aber das erklärte die Bildschirme in den Wänden. In Wirklichkeit dürften das die Projektoren sein. Der Alte fing wieder an zu reden. "Ist schön, dass ihr hier seid. Da kann ich endlich mal wieder ein Pfeifchen rauchen. Wisst ihr, wenn ich deaktiviert bin, kann ich das nämlich nicht." Er griff in die Tasche und holte tatsächlich eine Tabakpfeife heraus, die er genüsslich und in aller Seelenruhe stopfte. Nachdem er sein Werk anerkennend in Augenschein genommen hatte, entzündete er die Pfeife und Tabakgeruch füllte den Raum. Er paffte ein paar mal und wandte sich dann wieder an die Besucher. "Ihr habt wirklich verdammt lange gebraucht, um herzukommen. Habt ne ziemlich lange Entwicklung hinter euch, wie? Na ja, macht ja nichts. Könnt ihr ja nichts dafür. Ach du liebe Güte, ich habe euch ja noch gar nicht erzählt, wer ich bin! Nein, nein, nein, dass man nach drei Millionen Jahren so nachlässig wird. Also ich bin Jad-Kem-Nepur-Ter aus dem Volk der zweiten Entstehung. Ihr könnt mich Jad nennen. Und wer seid ihr, wenn ich fragen darf?"

Jörg fasste sich als erster und stellte sich vor "Ich bin Jörg Schabeck vom Planeten Mars." Der Alte kicherte. "Schön, schön Jörg Schabeck vom Planeten Mars. Nett dich zu sehen. Und wer ist das hübsche Wesen, dass so clever war, mich zu aktivieren? Mann, die ist wirklich nicht übel. Da tut's einem ja richtig leid, nur noch als Hologramm zu existieren. Oh, Verzeihung, ich sollte wirklich höflicher sein. Aber na ja, ich war ja auch mal jung und damals..." "Heike Wierzchowski, ebenfalls vom Mars" fiel das hübsche Wesen dem Alten ins Wort. "Nun denn," fing Jad wieder an zu lamentieren, "wer sind die anderen? Lasst mich mehr von euren komischen Namen hören."

Nacheinander stellte sich jeder vor. Jad sog an seiner Pfeife und spuckte auf den Boden. Dort lag tatsächlich ein feuchter Fleck. "Schön, schön. Ihr scheint zumindest nicht auf den Kopf gefallen zu sein. Sonst wärt ihr ja auch nicht hier. Sag mal, Heike Wierzchowski, ebenfalls vom Mars, willst du mich etwas fragen? Ich meine, ihr habt doch sicher einen Grund weshalb ihr hier seid. Habt ihr doch oder?" Heike war der Meinung am besten gleich zur Sache zu kommen. "Wir suchen den Ursprung der Menschheit." Der Alte sog wieder an seiner Pfeife und sah Heike an. "Den Ursprung der Menschheit? Gutes Thema, sehr gutes Thema. Ihr seid echt nicht auf die Birne geknallt. Bei mir seid ihr genau richtig. Hätte nicht gedacht, dass ihr euch so weit entwickeln würdet. Wo ist das eigentlich dieser Mars?" "Das ist der vierte Planet der Sonne" antwortete Heike, "die Menschen stammen aber ursprünglich vom dritten Planeten, der Erde." Jad kicherte wieder. "Sonne, aha. Das ist der gelbe Zwerg, der 140 Lichtjahre von hier ungefähr da liegt, nicht wahr?" Jad zeigte irgendwo gegen die Hallendecke. "So ein bischen seid ihr doch aufs Hirn geböllert. Im System der Sonne oder wie ihr das nennt, stammen die intelligenten Gene vom vierten Planeten. Der dritte war damals noch nicht besonders geschmackvoll eingerichtet, wisst ihr. Zu viel wildes Viehzeugs. War aber lange vor meiner Zeit, dass dort ein Gentransport hingegangen ist. Haben wir aber öfter erlebt, dass später durch Meteoriten und so'n Zeugs die Gene auf anderen Planeten gelandet sind. Ist halt nen schwieriges Geschäft. Aber was solls, ihr seid ja hier. Der Ursprung der Menschheit, so so. Ist ne komplizierte Sache, das mit dem Ursprung. Du liebe Güte, was ist das denn für ein Engelchen?" Nataliya hatte gerade den Raum betreten. Auch sie hörte Jads Stimme in ihrem Kopf und blickte überrascht zu dem alten Mann herüber, der sie unverhohlen musterte. "Wer ist das denn?" fragte sie, "Und warum zieht er mich den Augen aus?" Jörg kam dem Hologramm zuvor "Äh, das ist Jad. Und er hat seit drei Millionen Jahren keine Frauen gesehen. Jad, das ist Nataliya Moiseyenko, meine Frau." Der Alte stand auf und deutete eine Verneigung an. "Deine Frau, hm, hm? Ihr verheiratet euch also. Na ja, wäre nichts für mich. Aber das müsst ihr selbst wissen. Hat es bei uns damals nicht gegeben. Da war Abwechselung gefragt. Aber mit euren Schnuckelchen könnte ich es schon ein Weilchen aushalten." Heike mischte sich wieder ein. Die Art, wie der Alte über Frauen redete ging ihr mächtig auf die Nerven. "Jad, wir suchen den Ursprung der Menschheit, falls du dich erinnerst. Kannst du uns dabei irgendwie weiterhelfen?" Jad schien beleidigt zu sein. "Warum denn so eilig? Drei Millionen Jahre habe ich mich mit keinem unterhalten und dann kommt ihr und wollt alles in Nullkommanichts wissen. Nein, nein, nein, ein bischen müsst ihr euch schon noch gedulden. Ihr müsst wissen, dass euer Vorhaben nicht ganz ohne ist. Ts, ts, da kommen ein paar Typen zu mir, die gerade erst in der Lage sind vernünftige Raumschiffe zu bauen und machen hier den Lauten! Gibt's das? Nein, so einfach ist das nicht. Zumal ich den Ursprung auch gar nicht kenne." Jad erntete enttäuschte Blicke. "Na ja, ich sagte ja schon, ich stamme aus dem Volk der 2. Entstehung. Wo die von der 1. Entstehung abgeblieben sind? Keine Ahnung. Aber den Weg der 2. Entstehung, den kann ich euch zeigen."

Jad stand auf und ging auf eines der Aggregate zu. Er blieb davor stehen und sagte "Kaffee, schwarz. Und auch wenn du vertrottelter Blechhaufen seit drei Millionen Jahren keinen mehr gekocht hast, ich will, dass er frisch schmeckt." An dem vertrottelten Blechhaufen öffnete sich eine runde Klappe. Dahinter stand dampfender Kaffee in einem seltsam bauchigen Gefäß. Der Duft war deutlich wahrzunehmen. "Möchtet ihr auch Kaffee oder sonst irgendwas. Ihr braucht es nur der Klapperkiste hier zu sagen." Jad nahm das Gefäß und genehmigte sich einen tiefen Schluck. "Das mit dem Kaffee ist übrigens so eine Sache, die wir euch damals mit in die Gene gelegt haben. Alle Völker der dritten Entstehung müssten eigentlich Kaffee trinken." Er sagte das, als sei es eine absolute Nebensache. Langsam begriffen die Menschen, dass sie von diesem munter schwatzenden Alten quasi designt worden waren. Darauf konnte Jörg tatsächlich erst einmal einen Kaffee gebrauchen. Er trat vor die Maschine und bestellte sich einen, mit Milch und Zucker. Eine Sekunde später stand eine dampfende Tasse vor ihm. Jörg fasste die Tasse vorsichtig an. Er erwartete hindurch zugreifen, weil es auch nur ein Hologramm war. Das wäre für Jad sicher wieder ein Grund zum kichern. Aber seine Fingerspitzen spürten den Widerstand und die Wärme. Der Kaffee war echt. Als er sich weg drehte streifte er zufällig Jad, der noch in der Nähe der Maschine stand.

UND DER WAR AUCH ECHT!

Jörg spürte deutlich den Widerstand. Er griff nach dem Oberarm des Alten. "Du bist ja gar kein Hologramm!", bellte er den Mann an. "Was? Wie kommst du denn darauf? Ich wünschte, ich wäre keines, aber leider ist es so" erwiderte der Alte ärgerlich. "Durch ein Hologramm müsste ich durchgreifen können. Hologramme kann man nicht festhalten!", gab Jörg zurück. Jad lachte, er lachte so heftig, dass er seinen Kaffee verschüttete. "Du sprichst von diesen primitiven Laserhologrammen, nicht wahr Jörg Schabeck? Nein, ist das zum Schießen! So was machen wir schon lange nicht mehr. Nein, nein, ein Hologramm ist ein tatsächliches Abbild eines Menschen, mit allem drum und dran. Wir machen das mit Photonenkompression. Und die Seele des Originals ist das Programm. Seht mal, dieses Ding hier," Jad griff nach Jörgs Palmtop, "das müsst ihr programmieren, in dem sich irgendein armer Teufel hinsetzt und ein Programm schreibt, dass der Computer hier interpretieren kann. Das ist ziemlich blödsinnig, findet ihr nicht? Allein wenn ich an die frühen Programmiersprachen denke! Brrr, furchtbares Zeug mit vielen Regeln und so. Das hatten wir irgendwann satt. Wir programmieren Computer mit unseren Gedanken. Und wenn wir ein Hologramm basteln, dann wird halt die ganze Grütze von einem übertragen. Ist doch viel praktischer. Laserhologramme, nein wie niedlich!" Die Menschen waren sprachlos. Auf wen waren sie hier nur getroffen? "Ich meine, ich bin so echt, wie du Jörg Schabeck. Und wenn ihr mich mal ein klitzekleines Stündchen mit Heike Wierzchowski, ebenfalls vom Mars alleine lassen würdet, dann würde ich ihr gern mal zeigen, wie echt ich bin." Heike lief rot an. "Untersteh dich, Tattergreis. Oder ich schalte dich ab!" Jad fing wieder an zu lachen. Er schien sich bestens zu amüsieren. "Schamgefühl, sieh einer an. Das ist ja wirklich süß. Wusste gar nicht, dass wir euch das auch mitgegeben haben." Heike stand kurz vor einem Wutanfall.

Jörg nahm sie beiseite und sagte "Ich weiß, was er macht. Er testet uns. Er reizt uns, damit unsere Charaktereigenschaften zu Tage treten. Das ist ein verdammter Test!" Jad lächelte immer noch amüsiert. "Tja Jörg Schabeck nicht übel. Du hast es erfasst! Wisst ihr, man kann nicht einfach jeden auf so eine Aufgabe loslassen. Ich wette nämlich, ihr begebt euch auf die weiteste Reise, die überhaupt je ein Mensch unternommen hat. Dazu gehören Mut, Intelligenz, Ausdauer und Wissen. Das hat nicht jeder und ihr seid auch durchgefallen!" Jörg und Heike liefen gleichzeitig rot an. "Jetzt hör mir mal gut zu du notgeiler Photonensack, du kannst uns gar nicht durchfallen lassen! Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Dann machen wir eben ohne deine Hilfe weiter. Glaub bloß nicht, dass uns deine Sturheit aufhält!" Jad lächelte sie unverändert weiter an. "Ihr gebt also nicht auf? Ihr wollt wirklich weitermachen?" "Nein", sagte Jörg, "wir werden nicht aufgeben, ob nun mit deiner Hilfe oder ohne sie." Jad wurde plötzlich ernst. "Das war der letzte Test. Und den habt ihr zweifellos bestanden. Wenn ihr mir bitte folgen wollt."

Der Alte ging zu einer Tür auf der gegenüberliegenden Seite des Saales. Die Menschen folgten ihm neugierig. Die Gruppe betrat einen weiteren Saal, der jedoch bis auf einen Computerterminal in der Mitte leer war und eine kuppelförmige Decke hatte. Jad trat an das Pult und drehte die Eingaberollen. Aus dem Nichts erschien eine weitere Gestalt neben ihm. Vor ihnen stand eine Frau undefinierbaren Alters. Heike fiel zuerst ihre makellose Schönheit auf. "Das ist Jazar-Kep-Tan, die Hüterin des 2. Weges. Sie wird euch sagen, was ihr zu wissen begehrt. Na Jazar, wie geht's so nach drei Millionen Jahren?" Die Frau orientierte sich und sah sich die Besucher an. "Ein bischen eingerostet, fürchte ich" sagte sie mit einer Stimme, die den Männern unter die Haut fuhr. "Wer sind diese Menschen?" Jad stellte jeden von ihnen vor. "Oh, ein Volk der 3. Entstehung? Unsere Kinder also. Sieht aus, als wären sie erwachsen geworden. Ich grüße euch und stehe zu Diensten." Jad beugte sich zu ihr rüber. "Und was ist mit mir? Ich meine, immerhin haben wir uns seit drei Millionen Jahren nicht gesehen." Jazar schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. "Dich grüße ich nicht extra. Aber wir können uns ja nachher noch ein bischen zerstreuen, mein Alter. Und nun zu euch. Ihr habt es also geschafft uns zu finden. Und ihr wollt den Weg der 2. Entstehung zurückverfolgen. Nun gut, eure Schiffe dort oben scheinen ein paar bemerkenswerte Eigenschaften zu haben. Ihr könnt durch die fünfte Dimension fliegen, nicht wahr? Das haben wir nie geschafft. Ich glaube, ihr könntet es wirklich schaffen, die 1. Entstehung zu finden."

Jazar drehte die Eingaberollen des Computers. Die Halle wurde dunkel. An der Kuppeldecke leuchteten Sterne und Galaxien auf. Ein Planetarium. Um einen Stern bildete sich ein weißes Fünfeck. "Das ist Nath. Von hier haben wir die 3. Entstehung nach Trombur in euer Sonnensystem und acht weitere Systeme, darunter Hassaleh, gebracht. Wir kamen damals von hier: Theta Herculis, 485 Lichtjahre von Nath entfernt. Dort befindet sich ein Planet der 2. Entstehung. Dorthin kamen unsere Urväter von Ras Algehti aus, 652 Lichtjahre von Nath. Der erste Punkt der 2. Entstehung aber befindet sich dort." Das Fünfeck bewegte sich auf das Sternbild Orion zu, das von Nath aus irgendwie verzerrt aussah. "Das ist Wezen. Dort liegt unser Ursprung. Die Reise der 2. Entstehung hat zwölf Millionen Jahre gedauert. Die Schiffe mit dem Genmaterial waren damals sehr langsam. Die Reisen der 3. Entstehung waren dagegen viel kürzer. Wir haben das Genmaterial mit schnelleren Schiffen zu den Zielsternen geschickt. In allen diesen Systemen könnten heute Menschenvölker existieren. Fliegt in das Wezen-System und sucht dort auf dem 13. Planeten nach Spuren der 1. Entstehung. Ist euch Glück beschieden, so werdet ihr dort den weiteren Weg finden. Aber ich muss euch warnen! Wir wissen nicht, was ihr auf den Welten der 1. Entstehung finden werdet. Gebt mir einen von euren kleinen Computern. Ich werde die Daten darauf übertragen." Björn reichte ihr seinen Palmtop. Jazar legte das Gerät einfach auf den Tisch. Ein grüner Lichtring leuchtete um den kleinen Computer auf. "Es dauert einen Moment, bis unser System eure Programmiercodes entschlüsselt hat." Der Lichtring wurde gelb und anschließend blau. Nach einer knappen Minute erlosch er. Jazar gab Björn den Palmtop zurück und sagte "Geht nun. Wir wünschen euch eine sichere Reise. Vielleicht sehen wir uns wieder, wenn ihr unser aller Vorfahren gefunden habt und ihr berichtet uns davon. Vielleicht kehrt ihr auch nie zurück." Ohne ein weiteres Wort drehten sich Jazar und Jad um und gingen weg.

Die Menschen standen wie benommen in dem leeren Saal. Was sie gehört hatten war einfach zu fantastisch, als dass sie einfach hätten gehen können. Die Geschichte der Menschheit musste neu geschrieben werden. Langsam setzte sich die Gruppe in Bewegung und verließ die Gewölbe. Als sie nach draußen traten stand die Mittagssonne am Himmel. Sie gingen schweigend zu den Schiffen zurück. Das nächste Ziel hieß Wezen.

Als sie sich in einer Umlaufbahn um Trombur befanden, schickten sie eine Sonde zum Mars zurück. Björn hatte die Geschehnisse in Kelamnapa aufgezeichnet. Jörg empfahl der WSA die anderen Menschenwelten zu suchen. Eine weitere Sonde wurde in das Wezen-System geschickt, um die Lage am Austrittspunkt zu analysieren. Nachdem die Sonde zurückgekehrt war, nahm die kleine Flotte Kurs auf den Eintrittspunkt. 200 Millionen Kilometer vor Wezen kamen sie wieder aus dem Hyperraum, 1090 Lichtjahre von der Sonne entfernt. Ihnen bot sich ein riesiges System mit unzähligen Planeten dar. Die Teleskope begannen nach Nr. 13 zu suchen, was sich bei der Vielzahl der Planeten als schwierig herausstellte. Es dauerte zwei Tage, bis der Planet gefunden wurde. Als die Schiffe dort ankamen, sahen sie eine tote, kraterübersäte Welt ohne Atmosphäre vor sich. "Das war wohl nichts" sagte Jörg enttäuscht. Markus Landgraf diskutierte derweil eifrig mit Pascal Lee. Markus war der Meinung, dass sie den Planeten gründlich untersuchen sollten. Wenn die Reise der 2. Entstehung 12 Millionen Jahre in Anspruch genommen hatte, dann musste die Zivilisation auf dieser Welt vor noch viel längerer Zeit existiert haben. Kein Wunder also, das der Planet sich in dieser Zeit verändert hatte. Nach Markus Meinung sollten sie trotzdem nach Spuren der einstigen Bewohner suchen. So wie die Menschen der 2. Entstehung Kelamnapa hinterlassen hatten, könnte sich auch hier noch etwas befinden. Jörg stimmte dem zu. Überzeugt schien er nicht. Trotzdem begannen sie mit der Suche. Sie setzten alles ein, was sie hatten. Jede Multisonde wurde in eine Umlaufbahn gebracht und untersuchte den Planeten mit optischen- und Infrarotkameras. Zusätzlich wurde Radar eingesetzt, um Hohlräume unter der Oberfläche aufzuspüren. Auch die Raumschiffe durchforsteten die tote Welt. Eine Woche lang fanden sie gar nichts. Trotzdem machten sie weiter. Sonden überflogen die Oberfläche im Tiefflug, um feinere Details ausfindig machen zu können. Aber alles half nichts. Eine Spur der 1. Entstehung war nirgends zu finden.

Nach zwei Wochen wollten sie entmutigt und enttäuscht aufgeben, als Markus auf einmal begeistert mit seinem Notebook wedelte. "Ich hab's gewusst! Ich hab's euch gesagt. Da ist was. Und ich hab's gefunden." Markus gab sein Bild auf den Hauptschirm. "Ich habe optische und Radaraufnahmen der gleichen Position übereinandergelegt." Auf dem Bild war nur die tote Oberfläche des Planeten zu sehen. "So, jetzt erhöhe ich den Kontrast." Noch immer war nichts besonderes zu erkennen. "Jetzt wandele ich das Bild in ein Negativ um und nehme die Helligkeit zurück. Voila! Da, seht ihr?" Tatsächlich zeichneten sich ganz schwache, achteckige Umrisse ab. Die Anlage musste einmal riesig gewesen sein. Der Ausschnitt umfasste zehn mal zehn Kilometer. "Hut ab!", sagte Jörg, "ich wollte gerade abbrechen. Los Leute, wir landen. Und macht die Rover klar. Unsere Urväter erwarten uns!" Die Schiffe setzten in der Mitte der Anlage auf. Um sie herum erstreckte sich eine triste Landschaft. Sie würden etwa 20 Meter tief graben müssen, bevor sie auf etwas stießen. Die Rover verfügten über entsprechende Werkzeuge. Ein anderes Problem verhinderte aber vorläufig den Beginn der Grabungsarbeiten. Auf der Oberfläche des Planeten herrschte eine unglaublich hohe Strahlenbelastung. Die normalen Raumanzüge reichten dafür nicht aus. Selbst im Inneren der Schiffe wurde eine erhöhte, wenn auch nicht kritische Belastung festgestellt. Durch die fehlende Atmosphäre war der Planet seinem gigantischen Muttergestirn schutzlos ausgeliefert.

Jörg forderte deshalb die Perry Rhodan vom Mars an. Der Kugelraumer sollte Spezialanzüge und Baumaterial für einen Strahlenschutzbunker über der Grabungsstelle mitbringen. Zunächst bestanden die Aktivitäten darin die Multisonden etwa 100 Meter über der Oberfläche schweben zu lassen und per Radar die versunkene Anlage zu kartographieren. Auf diese Art und Weise kam ein recht detailliertes Bild zustande. Einige der unterirdischen Bauten schienen noch intakt zu sein. Bei anderen war die Decke eingebrochen und das Innere lag verschüttet da. Dennoch ließen sich Zugänge ausmachen. Eine der großen Hallen schien voller Aggregate zu sein. Nach vier Tagen landete die Perry Rhodan. Pascal hatte den Planeten inzwischen Graveyard getauft. Immerhin war hier ein Teil ihrer Urväter untergegangen. Oder hatten sie Graveyard vorher verlassen? Drei Tage nach der Landung der Perry Rhodan stand über der Grabungsstelle ein Strahlenschutzbunker. Das Gebäude war groß genug, um einem Rover und mehreren Personen Platz zu bieten. Denn trotz des Maschineneinsatzes würde noch jede Menge Handarbeit zu verrichten sein. Die Arbeiten gingen schnell voran. Am Abend des ersten Grabungstages war ein Gang freigelegt worden, der vor einem Tor endete. Auf Graveyard gab es keine elektronischen Öffnungsmechanismen. Die Tür verfügte über ein Handrad, mit dem man es zur Seite fahren konnte. Das Rad ließ sich aber nicht bewegen. Nach wer weiß wie viel Millionen Jahren war die Mechanik korrodiert und verkrustet. Mithilfe eines Lasers brannten die Marsleute ein Loch in das Tor. Dahinter lag ein weiteres Tor. Bei dem Eingang schien es sich um eine Luftschleuse zu handeln. Aber warum hatten die ehemaligen Bewohner eine Schleuse installiert, wenn Graveyard zu ihren Lebzeiten ein lebendiger Planet gewesen war?

Das Loch im ersten Tor wurde erweitert, um eine Tür einzubauen. Damit ließ sich sie Schleuse luftdicht verschließen. Womöglich war im Inneren des Gebäudes noch Sauerstoff vorhanden. Das Handrad des zweiten Tors ließ sich noch drehen. Es gelang, das Tor soweit zur Seite zu fahren, dass ein Mensch bequem hindurch gehen konnte. Als das Tor aus seiner Fassung glitt, drang die Atmosphäre aus dem Gebäudeinneren unter hohem Druck in die Schleuse. Josh riss es von den Füßen. "Netter Empfang hier!" gab er sauer von sich. Hinter der Schleuse lag ein Gang, dessen Boden von einer dicken Staubschicht bedeckt war. Nach 20 Metern mündete der Gang in eine Halle. Das wussten sie bereits von den Radarauswertungen. Josh betrat als erster den Gang und analysierte die Atmosphäre. Er fand hohe Anteile an Kohlendioxid, das wahrscheinlich aus den Zerfallsprozessen stammte. Hier drinnen würden sie nur mit Raumanzügen arbeiten können. Josh ging weiter, wobei er bei jedem Schritt Staub aufwirbelte. Die anderen folgten ihm. In der Halle standen viele Maschinen, die stark an frühe Elektrogeneratoren erinnerten. Alle Einrichtungsgegenstände waren teilweise zerfallen, oder stark korrodiert. Die Decke war teilweise eingestürzt. Die Gruppe bewegte sich vorsichtig weiter zur nächsten Halle. Diese war wieder durch eine massive Tür verschlossen, die sich aber leicht öffnen ließ. Beim öffnen bröckelte die Dichtung aus der Türfuge.

Die Halle dahinter sah deutlich besser erhalten aus, aber auch hier hatte der Staub das Regiment übernommen. Bei diesem Abschnitt schien es sich einmal um eine Produktionsstätte gehandelt zu haben. Einige Maschinen waren zweifelsfrei zu identifizieren. Nachdem sie die dritte Halle inspiziert hatten, mussten sie wegen Sauerstoffmangels wieder zu den Schiffen zurück. Bislang gab es keinerlei Hinweise auf Sternkarten oder ähnliches. Bislang hatten sie aber auch erst einen Bruchteil der Anlage gesehen. Die Erkundung erwies sich zudem aufgrund der ungewohnten Gravitation und den schweren Raumanzügen als außerordentlich kräftezehrend. Heike ließ sich in einen Sessel fallen. Die Anstrengungen der letzten Stunden waren ihr deutlich anzusehen. Ihren Begleitern erging es nicht besser. "Wir sollten als nächstes mit mehreren Gruppen reingehen," schlug Jörg vor, "sonst halten wir uns hier ewig auf. Wir müssen nur ungefähr wissen, wonach wir suchen sollen." Josh sah sich gerade die Videoaufzeichnung ihrer Erkundung an. "Wenn wir die Maschinen richtig deuten, dann hatten unsere Uropis einen Entwicklungsstand, der unserem zu Beginn der siebziger Jahre entsprechen würde. Nur auf dem Gebiet der Biologie schienen sie viel weiter gewesen zu sein. Sonst hätten sie den ganzen Genkrempel nicht hinbekommen. Ich frage mich nur, warum sie auf die Idee gekommen sind, Raumschiffe mit ihren Genen ins All zu schicken?" Pascal trat hinter Josh und sah nachdenklich auf die Bilder. "Vielleicht gibt es irgendwo eine Art Planetarium oder etwas in der Richtung. Die Typen der 2. Entstehung haben sich schließlich jede Menge Mühe gemacht, damit ihr Wissen nicht verloren geht. Wenn es hier auch so lief, dann sollten wir herausfinden, welche Räume am besten erhalten sind. Denn wenn es deren Absicht war, ihr Wissen zu erhalten, dann haben sie es mit Sicherheit gut geschützt. Lasst uns doch die Radarauswertungen noch einmal durchgehen. Dort wo die Konturen am schärfsten sind, dürfte der Zerfall noch nicht so weit fortgeschritten sein. Und genau dort würde ich suchen." Auf den Radarbildern zeichneten sich tatsächlich einige Konturen deutlicher ab, als andere. Das konnte zum einen daran liegen, das die Ablagerungen über den Gebäuden nicht so stark waren oder dass diese Bereiche tatsächlich besser erhalten waren. Eine Halle zeichnete sich besonders deutlich ab. Sie lag etwa in der Mitte der Anlage. Vom Eingang bei den Schiffen lag das Gebäude etwa fünf Kilometer entfernt. "Das kriegen wir nur mit Zusatzsauerstoff hin" sagte Heike, "und ich denke wir können beim nächsten mal mit unseren Marsanzügen reingehen. Da unten war die Strahlung deutlich geringer."

Jörg teilte drei Gruppen ein, die versuchen sollten den scheinbar am besten erhaltenen Komplex aus drei verschiedenen Richtungen zu erreichen. Eine vierte Gruppe sollte in den Gängen an vorher markierten Stellen Sauerstoffflaschen deponieren. Die Teams fünf und sechs bildeten die Reserve für Notfälle. Immerhin musste damit gerechnet werden, das Decken oder Wände einstürzten. Die Aktion sollte am nächsten Morgen beginnen. Am folgenden Tag standen vier Teams bereit, um erneut das älteste Bauwerk zu erforschen, dass Menschen je entdeckt hatten. Die Pyramiden von Gizeh wirkten gegenüber dem hier nagelneu. Jörg betrat mit Nataliya, Heike, Markus und Josh gerade wieder die Halle, die sie gestern aufgrund des knappen Sauerstoffvorrates nicht hatten durchqueren können. Heute kamen sie wesentlich schneller voran. Sie kamen in eine weitere Produktionshalle. Von hier aus verzweigten sich die Gänge. Jörg markierte die Eingänge für die folgenden Gruppen. Wieder kamen sie an eine Tür. Zwölf weitere Hallen lagen noch vor ihnen, bis sie ihr Ziel erreichen würden. Die Menschen kamen sich irgendwie verloren vor. Um sie herum gab es nur Zerfall, aber der Zustand besserte sich von Halle zu Halle. Nach Durchquerung der siebten Halle änderte sich das Erscheinungsbild.

Bis jetzt sah alles, was sie gesehen hatten nach Produktions- oder Lagerhallen aus. Die achte Halle war jedoch durch viele Trennwände unterbrochen. In den Parcellen sah es so aus, als seien hier einmal Büro- und Laborarbeitsplätze gewesen. Überhaupt sahen viele Dinge sehr vertraut aus. Die neunte Halle schien einmal ein Versammlungsort gewesen zu sein. Das Team von Björn Grieger meldete sich. Sie standen vor einer eingestürzten Halle und kamen nicht weiter. Jörg trug der Gruppe auf, das letzte Gewölbe, durch das sie gekommen waren, näher zu untersuchen. Vielleicht fanden sie etwas Interessantes. Jörgs Gruppe ging weiter. Bisher waren sie auf keinerlei Hindernisse gestoßen. Die nächste Halle schien einmal als Wohnblock gedient zu haben. Es gab viele Flure mit zahlreichen Türen. Nataliya wollte eine davon öffnen. Als sie nach dem obligatorischen Handrad griff, zerfiel die Tür vor ihren Augen zu Staub. Dahinter lag tatsächlich eine Wohnung. Die Funktion der einzelnen Räume war deutlich zu erkennen. Die nächste Halle erfüllte den selben Zweck. In der elften Halle schien sich ebenfalls einmal ein Versammlungszentrum befunden zu haben. An den Wänden hingen zahlreiche Leinwände, die durch den Luftzug der beim Öffnen der Tür entstand vor den Augen der Besucher zu Staub zerfielen. Unter der Decke hing ein Block mit Öffnungen zu jeder Leinwand. Die Projektoren waren unschwer zu erkennen. Jörg wies die Gruppe an nicht unter dem Projektionsblock hindurch zu gehen. Die Anweisung kam keinen Augenblick zu früh. Der Block fing plötzlich an zu schwanken und fiel herunter. Der Aufprall erzeugte eine dichte Staubwolke. Von jetzt an versuchten die Menschen sich noch vorsichtiger zu bewegen. Dann standen sie vor ihrem Ziel.

In der zwölften Halle musste sich tatsächlich etwas besonderes befinden. Die Türen waren sehr massiv und noch sehr solide. Aus einem Seitengang kam die von Jaqueline Myhrre geführte dritte Gruppe. Markus versuchte das Handrad der Tür zu drehen. Es war eingerostet oder verriegelt. Sven Knuth versuchte ihm zu helfen. Unter ihren vereinten Kräften öffnete sich die Tür. Dahinter befand sich eine Schleuse. Um die zweite Tür aufzumachen waren ebenfalls vier Hände vonnöten. Dafür wurden sie nicht enttäuscht. Vor den Marsleuten lag ein blitzsauberes Planetarium. In der Mitte stand zweifelsfrei ein Projektor. An den Wänden unter der Kuppel hingen riesige Metalltafeln, in die verschiedene Himmelsabschnitte eingraviert waren. Jaqueline fotografierte jede Tafel. Die Expedition hatte gefunden, was sie gesucht hatte. Josh sah sich derweil den Projektor an. Er wagte es nicht ihn zu berühren, obwohl alles in diesem Raum fast wie neu aussah. Jörg trieb die Gruppen zur Eile an. "Los, kommt jetzt. Nichts wie raus hier, bevor noch etwas passiert. Außerdem müssen wir zusehen, dass wir ein Sauerstoffdepot erreichen." Auf dem Rückmarsch trafen sie auf Björns Gruppe, die ebenfalls auf dem Weg zum Sauerstoffdepot war. Dort angekommen wechselten sie ihre Rückentornister und machten sich auf den Rückmarsch.

Als sie in der siebten Halle ankamen, mussten sie feststellen, dass die Hallendecke inzwischen großflächig eingestürzt war. Es war unmöglich auf die gegenüberliegende Seite zu gelangen. Da es sich um einen frischen Einsturz handelte klaffte über ihnen ein großes Loch durch das das Licht Wezens herein fiel. Der einzige Ausweg schien zu sein, zu dem Loch aufzusteigen und den Rest des Weges an der Oberfläche zurückzulegen. Das Problem bestand in der hohen Strahlenbelastung dort oben und in der Einsturzgefahr rund um das Loch. Jörg rief die Perry Rhodan und erklärte die Situation. Bob Zubrin hörte zu und versprach, so schnell wie möglich Hilfe zu schicken. Die Eingeschlossenen zogen sich in die Halle zurück aus der sie gekommen waren. In der Einsturzzone herrschte inzwischen eine zu hohe Strahlung. Wenige Minuten später meldete sich Bob Zubrin wieder. "Steigt zur Oberfläche auf. Wir schicken die Tycho Brahe, die nimmt euch dann auf." Jörg funkte seine Antwort zurück. "Bob, das ist keine gute Idee. Da oben kann kein Schiff landen. Dann bricht der ganze Mist hier unten zusammen. Die Gefahr für das Schiff ist zu groß." Zubrin schien nachzudenken. Sein Bild auf Jörgs Palmtop erlosch. Statt dessen tauchte das von Carol Stroker auf. "Jörg, wir werden nicht landen. Wir lassen das Schiff etwa 50 Zentimeter über der Oberfläche schweben. Dann ziehen wir euch rein, alright?" Das könnte funktionieren. Einer nach dem anderen stieg den Trümmerhang hinauf. Das war nicht ganz ungefährlich, da immer wieder Trümmer nach rutschten. Markus verlor auf halber Höhe den Halt und rutschte auf der Geröllhalde wieder nach unten. Er blieb zunächst auf dem Hallenboden liegen, drehte sich dann aber um und reckte den Daumen hoch. "Alles klar Leute, war nur ne kleine Showeinlage. Ich bin okay." Heike untersuchte seinen Marsanzug, konnte aber keine Lecks entdecken. Die oben angekommenen gaben den Aufsteigenden Tipps, wie sie den besten Weg zur Oberfläche fanden. Die Tycho Brahe senkte sich herab und blieb einen halben Meter über dem Boden stehen. Manfred Hettmer und Boo Maxwell standen in der Schleuse und halfen ihren Leuten an Bord. Als letztes stieg Jörg auf. Unter Mithilfe seiner Begleiter am Rand des Loches erreichte er ohne Zwischenfälle die Oberfläche. An Bord der Tycho Brahe rief er sofort Bob Zubrin an und teilte ihm mit, dass alle Schiffe Graveyard unverzüglich verlassen sollten. Eine Entscheidung, über die sicher niemand besonders traurig war.

Die Expeditionsflotte ging in einen hohen Orbit um die tote Welt. Jaquelines Aufnahmen wurden zur Perry Rhodan gesendet. Die Mitglieder der Erkundungsteams wurden mit Shuttles herüber geflogen. Im großen Versammlungssaal hatte Bob Zubrin bereits mit der Auswertung der Sternkarten begonnen. Insgesamt ließen sich die 24 Karten in drei Gruppen unterteilen. Acht Karten zeigten den Himmel um Wezen. Auf acht weiteren Karten war der Himmel um Naht abgebildet. Das letzte Drittel der Karten ließ sich noch nicht eindeutig zuordnen. Alle Karten enthielten umfangreiche Texte und Bezeichnungen, aber Issala war die Schrift völlig unbekannt. Vielleicht würden Jad und Jazar später etwas damit anfangen können. Eine halbe Stunde später lag das Ergebnis für den nächsten Stern vor. Die 1. Entstehung war von Azmidiske nach Wezen gekommen. Das Doppelsternsystem lag 177 Lichtjahre von Wezen entfernt. Dorthin waren sie vom 292 Lichtjahre entfernten Stern Naos gekommen. Der Ursprung ließ sich zum Stern Alsulhai zurückverfolgen, der 340 Lichtjahre von Naos entfernt lag. Befand sich dort die tatsächliche Wiege der Menschheit? Die weiteren Karten ließen sich selbst mit der leistungsfähigen Astronomiesoftware der Perry Rhodan nicht deuten. Keine bekannte Konstellation passte auf die Bilder. Markus vermutete, dass Alsulhai nicht der Ursprungsort war. Eine Karte war besonders seltsam, weil sie bis auf die Beschriftung und einen einzelnen Himmelskörper leer war. Bob Zubrin schlug vor, zurück nach Trombur zu fliegen und Jazar die Karten zu zeigen.

Die Marsschiffe verließen das Wezen-System und tauchten zwei Tage später in die Atmosphäre Tromburs ein. Um Trombur herum herrschte inzwischen reger Verkehr. Handelsschiffe von der Erde und vom Mars bevölkerten die Umlaufbahnen. In Kelamnapa standen zwei WSA-Schiffe. Es gab ein großes Hallo, als die Expeditionsschiffe gelandet waren. Jörg begab sich mit Markus und Bob in die Tempelanlage. Sie trafen überall auf Forscher von der Erde. Jazar und Jad unterhielten sich gerade angeregt mit einem Japaner und einer Russin, als Jörg das Planetarium betrat. "Na schau mal einer an!", begrüßte Jad die Ankömmlinge, "Das sind ja meine alten Freunde. Großartig, großartig! Habt ihr es geschafft? Seid ihr der 1. Entstehung näher gekommen? Kommt her Leute, lasst uns ein Bier trinken. Tolles Getränk. Wir haben unserem Blechtrottel nämlich das Brauen beigebracht." Jörg lachte, der Alte hatte zumindest seinen Humor nicht eingebüßt. "Hallo Jad, hallo Jazar. Euch scheint es ja prächtig zu gehen." Jad schwenkte ein Bierglas. "Ja, was denkst du denn, Jörg Schabeck vom Mars? Erst hängen wir drei Millionen Jahre lang in irgendeinem Speicher rum und jetzt bekommen wir jede Menge Besuch. Hey alter Schwede, das ist echt obercool." Jazar mischte sich ein "Ich nehme an ihr seid nicht gekommen, um wie sagt ihr doch gleich, Party zu machen. Habt ihr etwas gefunden?" Jörg legte seinen Palmtop auf den Tisch neben den Computer. "Wenn du so nett wärst, die Daten runterzuladen. Wir sind auf viele Hinweise gestoßen. Mit einigen können wir aber nichts anfangen, weil wir die Schrift nicht entziffern können. Bis jetzt sind wir bis zum Stern Alsulhai gekommen." Jazar betätigte ihren Rechner. Um den Palmtop entstand der schon bekannte Lichtring.

Die erste Karte erschien als Hologramm. Sie schien in Augenhöhe in der Luft zu schweben. Jazar sah sich die Schrift an und schüttelte den Kopf. Sie ging zum Rechner und ließ das Alphabet der 2. Entstehung neben der Karte erscheinen. Jazar zog die Augenbrauen hoch und schüttelte erneut den Kopf. Sie drehte ein paar der Eingaberollen. Neben dem Alphabet flimmerte die Luft. Ein Buchstabe entstand, erlosch aber gleich wieder. Jazar versuchte eine weitere Einstellung. Diesmal schien es zu klappen. Aus dem Alphabet der 2. Entstehung lösten sich Buchstaben, flogen durch die Luft und gesellten sich zu ihren Gegenstücken des älteren Alphabets. Der Vorgang dauerte rund zwei Stunden. In dieser Zeit versorgte Jad die Besucher mit Bier. Heike, Assagima und Nataliya kamen herein und wurden von Jad sofort angemacht. Heike, die das erwartet hatte, sagte nur "Weißt du Alterchen, wenn ich so attraktiv wäre wie du, würde ich höchstens noch den Kaffeeautomaten anmachen." Jad lachte schallend und stellte die Frauen seinen anderen Gästen vor. "Sekt für die Damen?" erkundigte er sich. Ohne eine Antwort abzuwarten, holte er drei Gläser aus dem Automaten. "Hoffentlich dauert die Entschlüsselung nicht zu lange, sonst kommen wir hier nur noch völlig breit wieder raus" murrte Heike und nippte an ihrem Glas. Mit dem Sekt hatte Jad keine schlechte Wahl getroffen. Damit konnte man leben.

Jazar befasste sich währenddessen mit der Übersetzung. Buchstaben entstanden, flogen in der Luft umher, suchten sich neue Plätze, erloschen und tauchten in anderer Form wieder auf. Irgendwann lösten sich die fremden Buchstaben aus der Karte. Statt dessen wurden sie durch Zeichen aus Jazars Alphabet ersetzt. Jazar trat vor die Karte und las. Sie griff nach einem Buchstaben und setzte ihn an eine andere Stelle. Andere Zeichen warf sie einfach weg. Dann nickte sie zufrieden und drehte wieder am Computer herum. Um Jörgs Palmtop leuchtete der grüne Kreis auf und auf der anderen Seite der Karte entstand ein lateinisches Alphabet. Die Buchstaben in der Karte wechselten erneut. Schließlich hing eine englische Übersetzung in der Luft. Jörg staunte nicht schlecht. "Das ist ja der echte Wahnsinn! Wenn ich es nicht selber gesehen hätte, ich würd's nicht glauben!" Jazar lächelte und verbeugte sich leicht.

Die Übersetzung der anderen Karten war ein Kinderspiel. Für die Menschen war es dennoch faszinierend. Die Computertechnik der 2. Entstehung schien aus Wundern gemacht zu sein. Jazar begann die unbekannten Karten auszuwerten. Dazu aktivierte sie das Planetarium. Zwischen den Sternen an der Kuppel wanderten verschiedene Symbole hin und her. Ein rotes Fünfeck wurde grün und wanderte zum Rand des Sternenhimmels. Dort blieb es stehen und blinkte. Jazar runzelte die Stirn. "Das Ziel liegt außerhalb der Milchstraße" hörte Jörg ihre überraschte Stimme in seinem Kopf. Der Sternenhimmel schien sich zu verschieben. Das Fünfeck blieb an einer Stelle im leeren Raum zwischen der Milchstraße und der großen Magellanschen Wolke stehen. Jazar vergrößerte den Ausschnitt und zeigte Jörg einen kaum wahrnehmbaren Stern, der dort stand. "Das ist die Position auf der leeren Karte. Ein Stern im Leerraum" Jörg sah sich den Stern näher an. "Wie weit ist das?" Jazar befragte den Computer. "112.000 Lichtjahre. Ganz schön weit, würde ich sagen." Markus trat neben Jörg. "Jetzt weiß ich auch, weshalb wir die die letzten drei Konstellationen nicht gefunden haben. Ich bin mir sicher, dass der Ursprung in der Großen Magellanschen Wolke liegt. Jazar, kannst du das überprüfen." Jazar nickte. "Ich hätte niemals vermutet, dass wir von so weit her kamen. Ihr habt etwas großartiges gefunden."

Mit den Ergebnissen in ihren Palmtops verabschiedeten sie sich von Jazar, Jad und ihren Gästen. Was sie erfahren hatten, würde wieder einmal die Welt verändern. Kam die Menschheit wirklich aus einer anderen Galaxie? Wenn ja, wie war sie in die Milchstraße gekommen? Und warum? Wie alt mochte das Menschengeschlecht wirklich sein? Jörg schüttelte nachdenklich den Kopf. Vor zehn Jahren war die Menschheit noch nicht einmal in der Lage gewesen, den nächsten Stern zu erreichen. Und heute planten sie einen Flug in eine andere Galaxie. Gingen die Menschen vielleicht zu weit? Schon so manchem hatte Selbstüberschätzung das Genick gebrochen. Jörg verscheuchte die trüben Gedanken. Vor ihm und seinen Begleitern lag ein gewaltiges Arbeitspensum.

Zuerst mussten sie zurück zum Mars, um die Schiffe auszurüsten und zu modifizieren. Ein großes Problem war, dass die Navigationssoftware der Marsschiffe nur in einem Umkreis von 8000 Lichtjahren funktionierte. Für einen Flug zur Magellanschen Wolke musste eine gigantische Datenmenge in die Bordrechner gegeben werden. Somit kamen für den Flug nur die Perry Rhodan und die Stephen W. Hawking in Frage. Nur die großen Kugelraumer verfügten über die notwendige Rechnerkapazität. Dann die Ausrüstung. Was musste man auf so eine Reise alles mitnehmen? Ach ja richtig, die Navigationssysteme der Multisonden mussten auch modifiziert werden. Jörg dachte über tausend Dinge nach, als er die Zentrale der Perry Rhodan erreichte.

Bob Zubrin hatte in der Zwischenzeit mit der WSA verhandelt. Es ging darum, dass Schiffe für die Erforschung der Systeme entlang der Entstehungswege erforscht wurden. Dafür reichten die Kapazitäten auf dem Mars einfach nicht aus. Die WSA aber würde das leisten können und stimmte zu. Sobald die Expedition wieder auf dem Mars gelandet war, sollte ein entsprechendes Programm abgestimmt werden. Schiffe der WSA hatten in den letzten Wochen andere von Menschen bewohnte Systeme besucht. Dabei wurde im Asterion-System ein weiterer von Menschen bewohnter Planet entdeckt. Die dortige Zivilisation befand sich auf der Entwicklungsstufe des Mittelalters auf der Erde. Deshalb wurde von einer Kontaktaufnahme abgesehen. Man wollte die dortige Bevölkerung nicht in ihrer Entwicklung stören. Noch nicht!

Eine besonders schlimme Entdeckung machte ein Forschungsteam im Hassaleh-System. Die dortigen Bewohner hatten sich in einem Nuklearkrieg praktisch ausgelöscht. Auch im System Mufrid wurde eine Zivilisation entdeckt, die etwa das Zeitalter des frühen 20. Jahrhunderts erreicht hatte. Die Menschen im Mufrid-System waren ihren Brüdern von der Erde am ähnlichsten. Im Gegensatz zu Trombur verlief die Kontaktaufnahme dort friedlich. Der Planet, der von seinen Bewohner Talinir genannt wurde, gliederte sich in viele Einzelstaaten. Es gab begrenzte bewaffnete Auseinandersetzungen und vier größere Machtblöcke. Die Regierungsformen waren ähnlich bunt gemischt, wie auf der Erde. Die Besucher aus dem Sonnensystem bemühten sich vor allem, Kontakte zu den großen Demokratien zu knüpfen. Irgendwann würde Talinir eine Welt des Sternenbundes werden. Sicherlich nicht so rasch wie Trombur, aber doch in einem überschaubaren Zeitraum.

Zurück auf dem Mars wurden alle verfügbaren Kapazitäten auf die Reise zur Großen Magellanschen Wolke konzentriert. Die beiden Kugelraumer der UPA wurden gründlich überprüft und modernisiert. Vor allem die Rechnerkapazitäten wurden immens erweitert. Die astronomische Ausrüstung wurde um Radioteleskope verstärkt. Die Astronomiesoftware wurde mit neuen Datenbanken bestückt. Praktisch jeder Himmelskörper, der der Menschheit bekannt war befand sich in den Archiven eines jeden Schiffes. Nach dem Fehlflug, der die erste Expedition nach Trombur geführt hatte, wollte man für jede Situation gewappnet sein. Und es gab noch so vieles, das ungeklärt war. Zum Beispiel der psychologische Aspekt einer solchen Reise. Wie mochten sich Menschen im Leerraum zwischen den Galaxien fühlen? Wie würden sie reagieren, wenn der Himmel plötzlich ohne Sterne ist? Zu einer derartigen Situation kannte die Wissenschaft kein Beispiel. Trotz aller offenen Fragen wurde auf dem Mars fieberhaft an der Vorbereitung der Expedition gearbeitet. Der Lohn, einige der grundlegensten Fragen der Menschheit beantworten zu können, war einfach zu verlockend.

Ursprung

17.09.2007


'...und stießen dabei in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat' Jörg ging gerade der Vorspann der ersten Star Trek-Staffel durch den Kopf, als er aus dem Fenster des Kontrollzentrums auf die Stephen W. Hawking schaute. In zwei Tagen ging es los, aber noch herrschte hektische Betriebsamkeit um die Expeditionsschiffe. Die vergangenen Monate waren nicht nur auf dem Mars turbulent gewesen. Auf der Erde erschütterten die zahlreichen Erkenntnisse, die seit der Entdeckung Tromburs auf die Menschheit herab prasselten fast alle Kulturen und Religionen. Vor allem die katholische Kirche verbuchte einen drastischen Rückgang ihrer Gläubigen. Das neue Wissen ließ die Glaubenslehre der Katholiken über Nacht armselig und überflüssig erscheinen. Sie passte einfach nicht mehr in das neue Weltbild. Andere Religionen verzeichneten ähnliche Tendenzen. Die islamische Welt igelte sich immer mehr ein. Dort wurde die Existenz der anderen Menschenvölker immer noch bestritten, was zu Spannungen mit den aufgeklärten Kräften im Islam führte. Der technologische Vorsprung der WSA-Staaten vertiefte diese Kluft noch. In der WSA schossen interstellare Handelsfirmen aus dem Boden. Ein großer Reisveranstalter bot sogar schon Urlaubsreisen nach Blue Heaven, Trombur und Talinir an. In den Straßen der großen Städte sah man häufig Tromburianer beim Einkaufen. 'Und all das haben wir verursacht! Ein paar ganz gewöhnliche Menschen in einem langweiligen Labor in einer ganz normalen Kleinstadt' Jörg schüttelte geistesabwesend den Kopf, als ihm diese Gedanken beschäftigten. "Was hast du? Stimmt was nicht?" fragte Nataliya, die unbemerkt neben ihn getreten war. "Nein, nein es ist alles in Ordnung, Schatz. Ich habe nur gerade darüber nachgedacht, wie sehr wir die Welt verändert haben" beeilte sich Jörg zu versichern. "Nicht nur unsere Welt, mein Schnuffel. Ein paar andere auch. Und es werden nicht die letzten gewesen sein." Nataliya fuhr Jörg mit ihrer Hand durch die Haare. Das tat sie immer, wenn er sich Sorgen machte. Und sie nannte ihn dann immer Schnuffel, was ihm mitten in einem Raumfahrtkontrollzentrum sichtlich peinlich war. Nataliya kam mit der Situation besser zurecht. Sie nahm die Dinge so, wie sie kamen. Auch der bevorstehende Flug in die große Magellansche Wolke schien ihr wenig Sorgen zu machen.

"Vielleicht" fuhr Nataliya fort, "sollten wir uns nach dieser Expedition ein nettes Plätzchen suchen und uns zur Ruhe setzen. Vielleicht ist die Zeit da, das Feld den Jüngeren zu überlassen." Jörg schüttelte energisch den Kopf. "Ich glaube nicht, dass ich das könnte. Da oben gibt es noch so viel zu entdecken." "Was willst du denn noch alles entdecken, Jörg Schabeck?" fragte die Ukrainerin ihren Mann. "Am liebsten alles, was es da draußen zu entdecken gibt" antwortete Jörg versonnen und blickte wieder auf das Landefeld hinaus. Felix Kalkum kam auf sie zu. "Jörg, das solltest du dir mal ansehen" sagte er und hielt dem Angesprochenen seinen Palmtop hin. "Ah ja", murmelte Jörg, der langsam wieder in die Realität zurück fand, "Bacardi is coming from a country where a palm is still a tree and not an organizer." Die alte Rum-Werbung war ihm wieder eingefallen, als er sich mit Felix Computer konfrontiert sah. "Das sind die Ergebnisse von den Justierflügen" erklärte Felix.

In den letzten Wochen war eine Serie von Multisonden gestartet worden, um herauszufinden, wie weit man durch den Hyperraum reisen konnte. Das Problem bestand darin, dass mit zunehmender Entfernung die Navigation immer schwieriger wurde. Also ließ man Sonden über unterschiedliche Distanzen durch den Hyperraum reisen und verglich den geplanten mit dem tatsächlichen Austrittsort. Die Navigation der Raumschiffe wurde anhand von Sternen vorgenommen, was meistens hervorragend klappte. Je weiter ein Ziel jedoch entfernt lag, je ungenauer war auch die Anmessung. Dazu kam noch, dass besonders massive Sterne durch die von ihnen verursachte Raumkrümmung das Licht dahinter liegender Gestirne ablenkten. Die tatsächliche Position des Zielsterns lag dann, je nach Krümmung, irgendwo anders. Das wurde zwar alles bei der Berechnung des Kurses berücksichtigt, führte aber immer noch zu erheblichen Abweichungen. Die Ergebnisse, die Felix vorlegte, stammten von Hyperraumflügen über zwischen 20.000 und 50.000 Lichtjahren. Die Zielabweichungen der Sonden waren in einem Diagramm dargestellt. Bis zu einer Entfernung von 27.000 Lichtjahren erwiesen sich die Abweichungen als tolerierbar. Darüber knickte die Kurve steil nach oben ab. "Begrenzt die Höchstdistanz auf 25.000 Lichtjahre pro Hyperraumetappe. Und informiert die WSA darüber" entschied Jörg. Solche Entscheidungen wurden jeden Tag von ihm verlangt. Manchmal fühlte er sich damit überfordert und sehnte sich in sein kleines Labor nach Stadthagen zurück. Auf der anderen Seite zog ihn das Weltall magisch an. Das hatte es schon immer getan. Und er wollte wieder nach den Sternen greifen.

19.09.2007

Wie schon so viele Male vorher fiel der Mars hinter den Kugelraumern zurück. Aber diesmal war es anders. Dieses Mal verließen die Menschen ihre Heimatgalaxie. Heike stand vor dem Hauptbildschirm in der Zentrale der Stephen W. Hawking. "Wisst ihr, diesmal sind wir wie Kolumbus. Als der damals losfuhr, glaubten viele Menschen, er müsste über den Rand der Welt fallen. Wir sind dabei tatsächlich über den Tellerrand zu fallen. Wie wird das sein? Kann mir das einer sagen? Wenn ich ehrlich bin, habe ich ein bisschen Angst." Pascal schlang die Arme um ihren Bauch. "Wären wir Menschen, wenn uns diese Reise keine Angst machen würde?" fragte er leise, "Kolumbus hatte auch Angst, glaube mir."

Die erste Hyperraumetappe stand unmittelbar bevor. In wenigen Augenblicken würden die beiden Kugelraumer 25.000 Lichtjahre von ihrer Heimat entfernt aus der fünften Dimension kommen. Und das nur, um Anlauf für die nächste Etappe zu nehmen. Das neue Navigationssystem funktionierte wunderbar. Die Abweichung beim Austritt betrug kaum eine Million Kilometer. Insgesamt lagen noch vier weitere Hyperraumetappen vor den Marsschiffen, bis sie den einsamen Stern zwischen den Galaxien erreichten. Dort hofften sie auf die ersten Spuren der Urentstehung zu treffen. Am sechsten Tag ihrer Reise stand die Expediton vor dem seltsamsten Sonnensystem, dass Menschen bisher zu Gesicht bekommen hatten. Auf den Bildschirmen leuchtete in der absoluten Schwärze des Leerraumes eine kleine rote Sonne. Um das Zentralgestirn kreiste ein einzelner Planet. Ein Gasriese, der etwa die Größe des Saturn erreichte. Um den Planeten kreiste ein einzelner Mond. Das war alles. Kein Asteroidengürtel, keine Kuiperobjekte und auch keine Oortsche Wolke waren vorhanden. Nur die rote Sonne und ihre beiden Begleiter. Der Mond entpuppte sich beim näher kommen als marsgroße Welt. Die Oberfläche war fast völlig eben und von brauner, eintöniger Färbung. Eine relativ dichte Atmosphäre umgab die seltsame Welt. Die Raumschiffe setzten Sonden aus, um ihr erstes Ziel näher zu untersuchen. Die erste Überraschung gab es schon bei der Analyse der Lufthülle. Die bestand aus reinem Sauerstoff. Kein Wasserdampf, keine Edelgase, nur Sauerstoff. "Das ist total abgefahren!" kommentierte Markus die Ergebnisse. Für den Planetologen taten sich tausend Fragen auf. Die Oberflächentemperatur schwankte zwischen +20°C auf der Tag- und -5°C auf der Nachtseite. Die Oberfläche wies keinerlei Berge oder Einschlagkrater auf. Es gab keine Wasserflächen und kein Zeichen von Pflanzenbewuchs. Unter der Sondenkamera drehte sich die strukturlose Oberfläche langsam dahin. Jaqueline schaltete auf eine andere Sonde um, die um den Äquator kreiste. Auch hier dasselbe, öde Bild. Jaqueline wählte die nächste Sonde an. "Die haben hier ja ein ödes Fernsehprogramm," murrte sie, "auf allen Kanälen das Gleiche und das ist überall nichts Wie wärs, wenn wir das Ding Point Nothing nennen?" "Point Nothing? Passt zu dem Ding" meinte Markus.

Jaqueline wollte gerade umschalten, als die Sonde den vermeintlichen Nordpol von Point Nothing überflog. "Bei allen Sternen, was ist das denn?" Heike zeigte mit offenem Mund auf den Hauptmonitor. Die Sondenkamera zeigte eine riesige Pyramide. Jaqueline aktivierte den Laserentfernungsmesser des Satelliten und vermaß das Bauwerk oder was immer das auch sein mochte. "Kantenlänge 44 Kilometer, Höhe 58 Kilometer!" las sie atemlos vor. Die Pyramide sah absolut regelmäßig aus. Die Außenflächen waren glatt und hellgrau. Das Bild auf dem Monitor wurde eingefroren. "Das Ding muss künstlich sein, kein Zweifel" stellte Markus bei der Betrachtung des Standbildes fest. "So ein Gebäude müsste doch eigentlich im Boden versacken" warf Jörg ein, "Es muss abermilliarden Tonnen wiegen." Pascal schaltete sich in das Gespräch ein. "Wer weiß, wie tief die Fundamente gehen? Da drinnen könnte jedenfalls ein ganzes Volk existieren. Seltsam ist nur, dass Point Nothing seinem Namen ansonsten alle Ehre macht. Wir sollten uns das Ding auf alle Fälle näher ansehen." "Ja, aber erst mal lassen wir die Sonden das Teil umfliegen, um zu sehen, ob etwas passiert. Ich habe keine Lust unbedingt an diesem gemütlichen Fleckchen mit dem Leben aufzuhören."

Jaqueline steuerte die Sonden in die Atmosphäre. Die Spürhunde vom Mars hielten auf die Pyramidenspitze zu, die fast in den Weltraum hinausragte. Dann tauchten die automatischen Späher die Pyramidenwände hinab. Auf den Bildern waren keinerlei Fenster, Fugen oder sonst irgendetwas zu erkennen. Nur eine glatte, hellgraue Fläche. Das ganze Bauwerk wirkte zutiefst deprimierend und bedrohlich. Aber nichts geschah. Auf einer Höhe von 1000 Metern steuerte Jaqueline die erste Sonde um die Pyramide herum. Die zweite ging auf 500 Meter Höhe auf ihren Rundkurs. Die beiden anderen landeten auf verschiedenen Seiten des Bauwerks. Nichts, nicht die kleinste Abwechselung zeigte sich in den gewaltigen Wänden. Was für einen Sinn hatte dieser Koloss? Immer noch passierte gar nichts. Bob Zubrin meldete sich das erste Mal zu Wort. "Wenn wir mehr über dieses....Monument erfahren wollen, werden wir landen müssen." Jörg drehte sich zu ihm um. "Das werden wir auch tun, aber nicht mit den Schiffen. Wir nehmen zwei Shuttles. Nataliya, Heike, Pascal, ihr fliegt mit mir. Bob, Markus, Jaqueline und Josh, ihr nehmt das zweite Shuttle. Auf geht's!"

Auf dem Flug zur Oberfläche von Point Nothing sagte kaum jemand ein Wort. Die Shuttles setzten scheinbar unmittelbar vor der Pyramide auf. In Wirklichkeit waren sie fünf Kilometer entfernt gelandet, was bei den Ausmaßen des Bauwerks jedoch zu einem nichts schrumpfte. Als sie die Shuttles verließen, kam sich jeder von ihnen unendlich klein vor. Nataliya sah sich um und sagte plötzlich "Bei allen Sternen, ist das schön!" Ihre Worte schienen in dieser tristen Einöde völlig fehl am Platz zu sein, bis die anderen in ihre Blickrichtung sahen. Am Himmel über Point Nothing stand die Milchstraße. Sie konnte ihre Heimatgalaxie fast vollständig überblicken. Bisher hatte sie diese merkwürdige Welt so in ihren Bann gezogen, dass niemand in den Himmel geschaut hatte. Auf der anderen Seite füllte die Große Magellansche Wolke etwa zwei Drittel des Himmels aus. Der Anblick war mehr als fantastisch. Wenn sie an der Pyramide hinauf blickten, stand genau über der Spitze der Gasriese, den Point Nothing umkreiste. Die ganze Szenerie war durchweg überwältigend. Die Menschen standen einfach nur da und ließen ihre Blicke und Gedanken schweifen. Sie hätten vielleicht noch Stunden so verbracht, wenn nicht unverhofft an der Pyramide etwas geschehen wäre. Vor ihnen öffnete sich ein Tor! Aus dem Tor drang helles Licht und dann dröhnte eine gewaltige Stimme in ihre Gedanken. "WER SEID IHR, FREMDE?" Es vibrierte im Kopf, so das schlagartig bei allen Kopfschmerzen auftraten. Jörg wollte etwas antworten, aber die Stimme kam ihm zuvor. Diesmal war sie leiser. "TRETET EIN. DER WÄCHTER DER BRÜCKE ERWARTET EUCH." Dann war es still.

"Nun denn," sagte Jörg benommen, "gehen wir." Zögernd bewegte sich die kleine Gruppe auf das Tor zu. Erst jetzt fiel ihnen auf, dass die Öffnung mindestens fünf Kilometer breit war. "Wahrscheinlich der Lieferanteneingang" vermutete Josh, "Das wir da zu Fuß hin latschen macht einfach keinen Sinn. Wer weiß, wie weit wir da drinnen noch laufen müssen." Also bestiegen sie ihre Shuttles und flogen auf das hell erleuchtete Tor zu. Dahinter waren keinerlei Wände oder sonst etwas zu erkennen. Nur eine gigantische, hell erleuchtete Halle. Nach oben verlor sich das Licht, aber in großer Höhe zeichnete sich eine verwinkelte Struktur ab, die in ihren Abmessungen zum Rest des Bauwerks passte. Nachdem die Shuttles ungefähr zehn Kilometer innerhalb der Pyramide zurückgelegt hatten, konnte Jörg in der Mitte der Bodenfläche etwas erkennen. Beim näher kommen war ein Ring aus Säulen auszumachen. In der Mitte des Säulenkreises stand eine Art Sockel. "Wir landen außerhalb des Säulenkreises" ordnete Jörg an. Als sie vor den Säulen standen, fiel ihnen erst deren wahre Größe auf. Der Kreis bestand aus zwölf Säulen. Jede Säule hatte mit Sicherheit mehr als zehn Meter Durchmesser und ragte rund 200 Meter in die Höhe. Der Zwischenraum von Säule zu Säule betrug auch ca. zehn Meter. Die gesamte Anlage schien einen Durchmesser von rund 250 Metern zu haben. Trotz ihrer Größe verlor sich das Gebilde in der Weite des Raumes. Jörg trat als erster zwischen den Säulen durch. Das Gefühl der Winzigkeit drohte übermächtig zu werden. Jörg hatte gerade den Innenkreis erreicht, als über ihm ein leuchtender Nebel zu wallen schien. Als er nach oben blickte kristallisierten sich aus dem Nebel die Abbilder der Milchstraße und der beiden Magellanschen Wolken heraus. Wenn man genau hinsah konnte man genau über dem Sockel auch Point Nothing ausmachen.

Jörg blieb wie angewurzelt stehen. Markus, der das Geschehen überhaupt noch nicht wahrgenommen hatte, prallte gegen Jörgs Rücken. Gerade als er zu einem Fluch ansetzen wollte, bemerkte er, dass der Angerempelte angestrengt nach oben starrte. Markus folgte seinem Blick und stieß pfeifend Luft aus. "Das gibt's doch nicht! Seht euch das an." Einer nach dem anderen schaute nach oben. In einer Region der Milchstraße bewegten sich rote Punkte. Als Jörg das Gebiet genauer betrachtete sah er, dass es sich um den Umkreis des Sonnensystems handelte. Auch neben Point Nothing standen zwei rote Punkte. "Das ist eine Ortungsanlage" flüsterte Jörg, als hätte er Angst, dass ihn jemand hören könnte, "Seht nur, die roten Punkte in der Milchstraße entsprechen ziemlich genau den Routen unserer Raumschiffe und die beiden dort neben Point Nothing können nur die Perry Rhodan und die Stephen W. Hawking sein." Keiner gab ihm darauf eine Antwort. Das Gebilde über ihnen füllte den gesamten Raum im Säulenkreis aus. Heike hielt ihre Kamera darauf gerichtet, um die unglaubliche Erscheinung für die Nachwelt festzuhalten.

Die gesamte Gruppe war so sehr damit beschäftigt nach oben zu sehen, dass sie den Mann, der auf dem Sockel stand überhaupt nicht bemerkten. Und das obwohl er sicher an die acht Meter groß war. "ICH BIN DER WÄCHTER DER BRÜCKE!" dröhnte es plötzlich in ihren Schädeln. Jaqueline blickte als erste in Richtung des Giganten und stieß einen spitzen Schrei aus. Alle anderen schrien ebenfalls wild durcheinander und versuchten instinktiv zurück zu weichen. "IHR MÜSST NICHT ERSCHRECKEN. KEIN LEID SOLL EUCH WIDERFAHREN. NENNT MIR NUN DIE GRÜNDE, DIE EUCH ZU MIR GEFÜHRT HABEN." Jörg fasste sich und ging näher an den Mann heran. Die Gestalt trug eine Art Rüstung. Sein Alter war schwer zu schätzen. Als die Gruppe ca. 20 Meter vor dem Giganten stand, mussten sie bereits die Köpfe in den Nacken legen, um das Gesicht des Wächters zu sehen. Bob Zubrin trat vor und sagte so laut er konnte "Ich bin Bob Zubrin, vom vierten Planeten des Sterns, den wir Sonne nennen." Die Augen des Wächters erfassten den Präsidenten der UPA.

"ZEIGE MIR DIESEN STERN, BOB ZUBRIN." Zubrin wusste nicht, wie er das anfangen sollte, also hob er einfach den Finger und deutete ungefähr dorthin, wo die Sonne stehen musste. In der Abbildung der Milchstrasse bewegte sich ein roter Kreis auf die Position zu. Zubrin knickte den Finger um und sah, wie der Kreis dieser Bewegung folgte. Sein Finger steuerte die Markierung. Bob Zubrin ließ den Kreis auf die Position der Sonne zurück wandern. Innerhalb des Kreises befanden sich mehrere andere Sterne. Der Wächter schien mit der Auskunft zufrieden zu sein. "WARUM SEID IHR GEKOMMEN?" Statt einer Antwort fragte Jörg "Was ist das hier?" Die Antwort des Wächters ließ einen Moment auf sich warten. In dieser Zeit stand der Gigant völlig bewegungslos da. "DAS HIER IST DIE BRÜCKE." Jörg war mit dieser Antwort absolut nicht zufrieden. "Wozu dient die Brücke?" Wieder verfiel der Wächter in Bewegungslosigkeit. "DIE BRÜCKE IST DAS AUGE DER AHNEN." Jörg bohrte weiter. "Kannst du das etwas präziser beschreiben?" Wieder Starre. "DIE AHNEN BEOBACHTEN EURE GALAXIE DURCH MEINE AUGEN." Aha, also tatsächlich eine Ortungsstation. "Wie funktioniert das?" wollte Jörg wissen. Starre. "DURCH FÜNFDIMENSIONALE ORTUNG." Langsam gingen Jörg die einsilbigen Antworten auf die Nerven. Er nahm sein Universalwerkzeug aus der Tasche und warf es auf das Bein des Wächters. Das Werkzeug ging hindurch und blieb auf dem Podest liegen. Der Wächter reagierte nicht. Ein Laserholgramm also. "Sah dieser Planet schon immer so aus?" fragte Jörg weiter. Starre. "DIE AHNEN HABEN IHN SO GEMACHT."

"Ist der Planet künstlich?"

Starre.

"NEIN, ABER DIE OBERFLÄCHE WURDE VERÄNDERT."

"Zu welchem Zweck?"

Starre.

"DAS AUGE BENÖTIGT EINEN EMPFANGSKÖRPER."

Dann diente also die Oberfläche von Point Nothing als Antenne für das Ortungssystem. Jörg drehte sich um und ging zum Shuttle zurück. "Bin gleich wieder bei euch" beruhigte er die anderen. Ein paar Minuten später kam er mit einem tragbaren Analysegerät wieder zurück und trat an die nächste Säule. "Das ist interessant", murmelte er während der Messung, "die Säulen bestehen aus einer Kupfer - Nickel Legierung. Das Alter beträgt nur 200 Jahre." Das war wirklich interessant. Die Marsianer hatten sich schon beinahe daran gewöhnt, bei der Erforschung der Entstehungswege auf uralte Gebäude zu treffen. Das hier war dagegen ziemlich neu.

Jörg ging wieder auf den Wächter zu. "Warum haben die Ahnen das Auge gebaut?" Nachdem der Wächter die obligatorische Starre überwunden hatte, sagte er "ALS DIE JUNGEN VÖLKER EURER GALAXIE BEGANNEN DIE RAUMFAHRT ZU ENTWICKELN, WOLLTEN DIE AHNEN NICHT MEHR MIT RAUMSCHIFFEN ZU EUREN WELTEN REISEN. DURCH DAS AUGE WISSEN SIE VON EUREM KOMMEN." Wow, endlich mal eine Antwort aus zwei Sätzen! "Dann existieren die Ahnen also noch?" Diesmal blieb die Starre aus. "DIE AHNEN SIND IMMER GEWESEN." Jörg zeigte auf das Abbild der Großen Magellanschen Wolke über ihren Köpfen. "Wächter, zeige mir die Welt der Ahnen!" forderte Jörg. Wieder blieb die kurzzeitige Erstarrung aus. "DARÜBER HABE ICH KEINE INFORMATIONEN."

Soso, er kündigte also das Kommen von Raumschiffen bei den Ahnen an, aber wusste nicht, wo seine Arbeitgeber sich befanden. "Na ja," erwiderte Jörg leichtfertig, "macht ja nichts. Wir wissen es auch so. Los Leute, auf geht's. Besuchen wir unsere Ahnen." Mit diesen Worten wandte er sich zum Gehen. Die anderen folgten ihm. "NEIN! DIE AHNEN WÜNSCHEN NICHT DEN KONTAKT MIT EUCH. KEHRT ZURÜCK IN EURE GALAXIE UND KOMMT NIEMALS HIERHER ZURÜCK!" Jörg drehte sich noch einmal kurz um und sagte "Okay, wenn du meinst." Dann stiefelte er davon. Als sie wieder im Shuttles saßen und durch das Tor nach draußen flogen fragte Heike "Sag mal, das hast du doch nicht ernst gemeint? Du willst doch nicht tatsächlich umkehren?" Jörg lachte. "Natürlich nicht, aber er hat uns belogen und ich hab ihn belogen. Sein Programm weiß selbstverständlich, wo die Welt der Ahnen liegt. Und die Typen, die ihn gebaut haben, müssen ziemlich einfältig sein. Für die Größe der Anlage und die unglaubliche Ortungstechnik ist das Wächterprogramm unheimlich primitiv. Ich hatte jedenfalls den Eindruck, dass der Bursche ziemlich dämlich war."

Während Nataliya das Shuttle zurück ins All steuerte, sagte Pascal "Haben die Erbauer wirklich geglaubt, dass Menschen, die in der Lage sind hierher zu reisen sich durch diesen aufgeblasenen Hanswurst derart beeindrucken lassen, dass sie wieder umkehren?" "Wenn die Erbauer davon ausgegangen sind, dass jeder Besucher genauso so einfältig sind wie sie selbst, warum nicht?" vermutete Heike, "Ich bin wirklich gespannt, auf wen wir als nächstes treffen." Nataliya steuerte das Shuttle in den Hangar der Stephen W. Hawking. Als sie in die Zentrale zurück kamen, diskutierten die Mitglieder der astronomischen Abteilung eifrig über Bilder aus Magellanschen Wolke, die von den Teleskopen auf den Hauptmonitor übertragen wurden. Jörg konnte sich darauf im Augenblick absolut nicht konzentrieren. "Ich gehe erst mal nen Kaffee trinken", informierte er die anderen, "kommt einer mit?" Alle gingen mit. Der Aufenthalt auf Point Nothing war beeindruckend und deprimierend zugleich gewesen. 'Beeindruckend deprimierend!' dachte Jörg und schüttelte den Kopf. Er ging ohne die anderen zu fragen zur Black-Hole-Bar. Dort bestellte er sich erst einmal einen Espresso. Alkohol gab es an Bord nicht. "Was für ein Scheißplanet" sagte Josh. Bob Zubrin sah ihn an und erwiderte "Stimmt, aber ich mache mir die ganze Zeit Gedanken über die Erschaffer dieser Welt. Sie müssen über unvorstellbare technische Mittel verfügen, um ein solches Bauwerk und eine derartige Ortungstechnik zu schaffen. Dann das Ding mit der Stimme in unseren Gedanken. Und dann die Planetenoberfläche. Sie ist künstlich geglättet worden. Stellt euch vor, wir würden versuchen, den Mars platt zu machen." "Stimmt, die technische Leistung ist fantastisch. Aber warum schaffen derart kreative Wesen eine so dermaßen eintönige Welt?" "Abschreckung", sagte Heike, "oder totale Einfältigkeit. Wenn die Erschaffer von Point Nothing wirklich unsere Urväter sind, dann muss ihr Volk um die 30 Millionen Jahre alt sein. Wie mögen sich die Leute entwickelt haben? Was hat die Evolution aus ihnen gemacht? Und warum schotten sie sich auf eine so primitive Art und Weise gegen ihre Kinder ab?" Die Umstehenden dachten über Heikes Fragen nach. Für eine Weile war es still.

Dann sagte Jörg "Das werden uns wohl nur unsere Ahnen selbst beantworten können. Wenn sie wollen." Der Kaffee war alle und jeder ging an seinen Platz zurück. In der Zentrale rief Jörg eine Einsatzbesprechung ein. Der Flug in die Große Magellansche Wolke stand bevor. Bis zum Rand der Galaxie waren es noch etwa 38.000 Lichtjahre. Ihr Ziel lag dann noch ca. 13.000 Lichtjahre innerhalb der Wolke. Die auf Graveyard gefundenen Karten wiesen einen Stern im offenen Sternhaufen NGC 2001 als Ziel aus. Bei den anderen möglichen Zielen handelte es sich um die Planetarischen Nebel NGC 1722 und NGC 1743. Am erfolgversprechendsten erschien es NGC 2001 anzufliegen. Die Planetarischen Nebel waren nämlich entstanden, nachdem deren Zentralsterne vor Jahrmillionen ihre Gashüllen abgestoßen hatten. Das dürfte eventuelle Planetensysteme vernichtet haben. Also ging die Reise zu dem Sternhaufen in der Nähe des Tarantelnebels. Die Planung der Hyperraumetappen erwies sich dabei als besonders heikel. Sie mussten in jedem Fall vermeiden im Tarantelnebel aus dem Hyperraum zu kommen. Der Wasserstoffnebel galt als sehr aktive Sternentstehungsstätte. Neben dem heißen Wasserstoffgas war dort auch ein Chaos verschiedener Radiostrahlungen zu erwarten. NGC 2001 lag zwar 16.300 Lichtjahre entfernt, trotzdem war Vorsicht geboten. Der Flugplan sah vor zunächst 25.000 Lichtjahre in Richtung der LMC (Large Magellan Cloud) zu fliegen und von der dortigen Position aus durch Sondenflüge und durch die astronomischen Abteilungen der Expeditionsschiffe Etappen von jeweils 6.500 Lichtjahren genau zu untersuchen. Damit würden sie ihr Ziel in vier Etappen erreichen. "Okay, unser Kurs steht damit soweit," stellte Jörg zufrieden fest, "aber eine Geschichte macht mir noch Sorgen. Was tun wir, wenn der Trottel auf Point Nothing nicht die einzige Abwehr der Ahnen gegen Fremde ist? Es könnte ja immerhin sein, dass ein so hoch entwickeltes Volk sich noch andere Spielzeuge ausgedacht hat. Zum Beispiel Waffen, die wir nicht kennen." Markus schüttelte den Kopf. "Dann hätten wir das schon auf Point Nothing zu spüren bekommen. Ich glaube vielmehr, dass die Ahnen auf Gewalt verzichten. Der Wächter hat jedenfalls überhaupt keine Anzeichen von Gewaltbereitschaft erkennen lassen." "Zerbrecht euch doch nicht den Kopf über Dinge, die wir ohnehin erst erfahren werden, wenn wir am Ziel sind. Spekulationen helfen uns im Moment nicht unbedingt weiter." Mit seinem Einwurf beendete Bob Zubrin die Diskussion.

Die Leute gingen wieder an ihre Arbeit. Am Abend gingen Pascal und Heike in dem Glasgang, der die Stephen W. Hawking über dem Triebwerkswulst umgab spazieren. Der Gang führte fast einen Kilometer um das gesamte Schiff herum. Von hier aus genossen Spaziergänger einen majestätischen Ausblick auf die Sterne. Pascal und Heike blieben stehen und sahen sich die Milchstrasse an. "Unglaublich schön, nicht wahr?", flüsterte Pascal. "Ja, es ist absolut überwältigend," sagte Heike, "aber weißt du, ich sehne mich manchmal nach Ruhe, nach festem Boden unter den Füßen, einem Haus am Meer und Zeit mit dir." Pascal sah zu den Sternen hinaus und überlegte eine Weile "Sieht so aus, als sollten wir mal Pause vom Weltall machen. Mir geht es auch manchmal so. In den letzten Jahren haben sich in meinem Leben mehr Träume erfüllt, als ich je geglaubt hätte. Wir haben so viel gesehen und soviel erlebt. Was hältst du davon, wenn wir uns nach dieser Expedition sechs Monate Auszeit nehmen? Vielleicht in die Karibik reisen, oder nach Blue Heaven? Wie wäre das?" Statt einer Antwort bekam er einen langen Kuss von Heike. "Das wäre einfach wundervoll! Aber ich möchte nach Australien. Da war ich noch nie." Pascal spielte den Erschütterten. "Was? Eine Frau, die durch die halbe Galaxis getingelt ist war noch nie in Australien? Gut, dann halt Australien. Ich spreche gleich morgen mit Bob und Jörg darüber. Und was machen wir jetzt?" "Jetzt, mein Lieber reisen wir in unsere Kabine. Ich könnte ein bisschen Entspannung vertragen oder wie man das nennt."

Am nächsten Morgen sprach Pascal mit Jörg. "Ich glaube, wir können nach dieser Geschichte alle eine Pause vertragen. Nataliya hat vor ein paar Tagen den gleichen Gedanken geäußert. Und wieso eigentlich nicht? Verdient hat es jeder von uns." "Wohin werdet ihr in der Zeit gehen?", fragte Pascal. "Wir haben uns darauf geeinigt eine mächtige Priese Heimat zu schnuppern und an all die Plätze in Europa zu reisen, die wir noch nicht gesehen haben. Ich war zum Beispiel noch nie an der Cote d´ Azure. Und Nataliya möchte unbedingt in die Toscana. Und danach, einfach weiter, wohin die Reise halt gehen soll. Josh hat mich übrigens auch schon darauf angesprochen. Er will Assagima Afrika zeigen. Ich denke, wir sind alle müde. Bei allem, was wir in den letzten Jahren geschafft haben, ist uns wohl entfallen, dass wir alle nur einfache Menschen sind." Pascal sah zu den Sternen hinaus und sagte "Einfache Menschen sind wir schon lange nicht mehr. Okay alter Freund, packen wirs."

Die beiden kamen in bester Stimmung in der Zentrale an. Dort herrschte bereits hektische Betriebsamkeit. Die Reise zu den Ahnen hatte begonnen. Als die Kugelraumer einige Stunden später am Rand der Magellanschen Wolke aus dem Hyperraum kam, herrschte wieder die alte Spannung, die sie immer fühlten, wenn sie das Unbekannte vor sich hatten. Die astronomische Abteilung führte ein paar Beobachtungen ihrer Zielgalaxie durch, während Jaqueline und Heike sich mit der Milchstraße beschäftigten. Zum ersten Mal sahen Menschen von der Erde die gesamte Galaxie von außen. Traumhaft schön und majestätisch sah sie aus. Heike ertappte sich dabei, wie sie darüber nachdachte in das galaktische Zentrum zu fliegen. 'Du kannst es einfach nicht lassen, altes Mädchen' dachte sie und lächelte in sich hinein. Zwei Tage später zogen die Marsschiffe am Tarantelnebel entlang. Der Flugplan sah vor, einen Tag lang im Einsteinuniversum zu reisen und dabei so viele Daten, wie irgend möglich zu sammeln. Sämtliche Sonden waren unterwegs zu einer Sight-Seeing-Tour durch eine unbekannte Welt. Die elektronischen Kundschafter flogen in den Nebel ein, analysierten die Supernova 1987 A, vermaßen Dunkelwolken und sammelte Materieproben. Die Teleskope auf den Raumschiffen schwenkten von Himmelskörper zu Himmelskörper. Die Datenflut würde daheim eine ganze Generation von Astronomen beschäftigen.

Aber genau das erwartete die Menschheit von ihnen. Sensationen und bahnbrechende Neuigkeiten. Die Menschen im Sonnensystem gierten danach, wie nach einer süßen Droge, von der keiner mehr lassen wollte. Am deutlichsten konnte man das an den Fernsehprogrammen erkennen. Rund 50 Prozent der Sendezeit entfielen auf Wissenschaftssendungen. Die großen TV-Gesellschaften buhlten darum, wer den nächsten Knaller servieren durfte. Ein anderes Indiz für den rapiden Wandel zeigte sich in der PISA-Studie des Jahres 2006. Im Vergleich zur ersten Studie aus dem Jahr 2001 zeichnete sich ein enormer Bildungsanstieg ab. Lernen war plötzlich in. Die Budgets für Bildung wurden in allen WSA-Staaten um ein mehrfaches angehoben. Dafür sanken die Rüstungsausgaben. Einige Länder hatten Mühe, die benötigten Lehrkräfte zu stellen. Auch das Lernen selbst wandelte sich zunehmend. Im Internet wurden nationenübergreifende Lernprogramme zu zahlreichen Themengebieten angeboten. Schüler in Internetklassen saßen über den Globus verstreut und lernten in einer Art Wettkampf miteinander.

Die Grundlage für diesen rapiden Umschwung bildete vor allem die blühende Konjunktur. Durch den Handel mit Trombur und Talinir sowie durch die neuen Technologien lösten sich viele soziale Probleme, die Wurzel der Dummheit, in Wohlgefallen auf. Einzig die islamische Welt geriet durch ihre Blockadehaltung immer weiter ins Hintertreffen. Noch waren die Mullahs und die Traditionen zu stark, aber auf ewig würden sie das Rad der Geschichte nicht anhalten können. Heike saß inmitten der Zentrale und fühlte sich pudelwohl. Um sie herum brodelte es vor Aktivität. Vor drei Tagen hatte sie sich noch unendlich müde gefühlt. Heute verschwendete sie keinen mehr Gedanken daran. Der Tag ging so schnell vorbei, dass am Abend alle überrascht reagierten, als das Signal der Borduhr ertönte. Da es auf den Schiffen im All weder Tag noch Nacht gab, erinnerte ein akustisches Signal die Besatzung an den 24-Stundentag.

Heike spürte, dass sie mächtigen Hunger hatte. Stimmt, sie hatte zuletzt zum Frühstück etwas gegessen. Sie ging auf Nataliya, Assagima und Jaqueline zu, die gerade im Begriff waren die Zentrale zu verlassen. "Hey, kommt ihr mit essen? Ich habe einen Mörderhunger." "Gute Idee" befand Nataliya, "und danach machen wir einen Weiberabend im Black-Hole. Ich bin einfach zu aufgedreht, um jetzt schon in die Federn zu hüpfen. Wir könnten mal wieder richtig über Männer herziehen." Josh, der das gehört hatte, hob drohend den Finger. "Ihr wollt doch wohl nicht die Krone der Schöpfung beleidigen?" Die Frauen lachten. Assagima warf Josh einen Kuss zu und sagte "Nein Schatzi, wir wollen über Männer lästern, nicht über Frauen." Markus kam auf Josh zu. "Na Alter, gehen wir noch ins Black-Hole?" Josh bildete mit den Zeigefingern ein Kreuz. "Alles andere, alter Schwede, nur genau das nicht!"

In der Nacht kehrten die Sonden bis auf zwei wieder zurück an Bord. Die beiden Vermissten waren irgendwo im Tarantelnebel verloren gegangen. Damit war zwar gerechnet worden, aber trotzdem würde man versuchen irgendwie die Ursachen für die Verluste heraus zu bekommen. Am nächsten Morgen gingen die Raumschiffe ein letztes mal in den Hyperraum. Der Austrittspunkt lag ziemlich genau in der Mitte von NGC 2001. Die Expedition war fast am Ziel. Noch 20 Stunden Flug durch den Normalraum, um die kleine gelbe Sonne der Ahnen zu erreichen lagen vor ihnen. Wie üblich bei der Annäherung an unbekannte Systeme wurden zuerst Sonden in das System geschickt, auf deren Rückkehr so ziemlich jeder an Bord fieberhaft wartete. Wie würde die Welt des Ursprungs aussehen? Die Welt auf der auch diese Reise vor Millionen von Jahren ihren Anfang genommen hatte. Die Sonden kehrten planmäßig zurück. Die aufgenommenen Daten wurden automatisch auf die Bordcomputer übertragen. Natürlich wollte jeder als erstes ein Bild des fremden Sonnensystems sehen. Dafür wurde zwischen den Schiffen eine Liveübertragung geschaltet. Die Raumfahrer auf der Perry Rhodan bekamen so zeitgleich alles zu sehen, was auch auf den Monitoren der Stephen W. Hawking gezeigt wurde. Vor den Großbildschirmen in den Schiffszentralen stand jeder versammelt, der nicht unabdingbare Pflichten zu erfüllen hatte.

Dann kam das erste Bild...................und den Betrachtern fielen wie auf Kommando die Kinnladen herunter. Josh rieb sich die Augen und sah wieder hin. "Das muss ein schlechter Film sein! Oder die Ahnen haben den Kameras einen Streich gespielt. Das da.....das da ist jedenfalls unmöglich." Jörg ging ein paar Schritte rückwärts, ohne das Bild aus den Augen zu lassen. Erst als er ein paar Leute angerempelt hatte, drehte er sich um und lief zum Lift, der in die astronomische Abteilung hinaufführte. Mit fliegenden Händen richtete er eines der optischen Teleskope auf das System. Die Ahnen hatten ihren Besuchern keinen Streich gespielt. Was die Sonden aufgenommen hatten entsprach der Wirklichkeit. Erst jetzt fiel Jörg auf, dass sein Palmtop piepste. Björn Grieger von der Perry Rhodan rief ihn an "Stephen W. Hawking von Perry Rhodan. Jörg, seht ihr auch was wir sehen?" "Ja, wir sehen es auch. Ich habe es gerade mit dem Teleskop überprüft. Es ist wirklich da!" Björn verdrehte die Augen. "Ich glaub', ich dreh ab. Wie haben die das gemacht?" Damit schaltete er ab. Björn wollte sich nur vergewissern, dass alle anderen ebenfalls durchgeknallt waren. In der Zentrale der Stephen W. Hawking zeigten sich inzwischen alle denkbaren Reaktionen von Menschen, deren Vorstellungsvermögen restlos überfordert war. Leute saßen in den Sesseln und schüttelten ungläubig die Köpfe. Andere rauften sich hilflos die Haare. Wieder andere standen noch da, wie Jörg sie verlassen hatte. Auf dem Bildschirm leuchtete eine gelbe Sonne, die durchaus die Sonne ihrer Heimat hätte sein können. Um den Stern kreisten drei Planeten. Was die Menschen an Bord der Expeditionsschiffe an ihrem Verstand zweifeln ließ, war die Tatsache, dass alle Planeten des Systems auf der selben Umlaufbahn um ihr Muttergestirn herum liefen.

Und..........das sie miteinander verbunden waren!

Die Trabanten der gelben Sonne bildeten ein gleichschenkeliges Dreieck. Von Planet zu Planet lief eine gigantische Röhre, die durch die Himmelskörper hindurchzuführen schien, als ob eine Riesenhand Perlen auf einen Faden gezogen hatte. Der Sonnenabstand der Trabanten betrug 150 Millionen Kilometer. Das bedeutete, dass jede der Verbindungen rund 120 Millionen Kilometer lang sein musste. Der Durchmesser der Röhren lag bei etwa 1.000 Kilometern. Erst jetzt fiel den Betrachtern auf, dass die Planeten alle blau waren. Unterschiede ließen sich nur in den Schattierungen erkennen. "Okay, okay," rief Bob Zubrin und hob die Hände, um die Besatzung wieder in die Wirklichkeit zurück zu holen, "lasst uns das Ganze mal möglichst sachlich betrachten. Erstens: Das Ding vor uns ist wirklich da. Zweitens: Wenn das dort das Heimatsystem der Ahnen ist, müssen sie uns grenzenlos überlegen sein. Drittens: Sie wissen, dass wir hier sind. Viertens: Sie haben bis jetzt nichts gegen uns unternommen. Fünftens:......."

Zubrin verstummte abrupt. In der Zentrale erschienen aus dem Nichts drei Fremde. Sie standen einfach da! "........wir sollten versuchen Kontakt zu ihnen aufzunehmen", vollendete Zubrin seinen Satz und starrte dann, wie alle anderen auf die plötzlich aufgetauchten Besucher. Sie waren groß, bestimmt mehr als zwei Meter. Und sehr feingliederig, beinahe dürre. Als nächstes fielen die ungewöhnlich hohe Stirn und die großen Augen auf. Ihre Haut war weiß, fast durchsichtig. Sie trugen bodenlange Umhänge in verschiedenen Farben. Und sie standen einfach nur da.

Jörg wollte etwas sagen, brachte aber kein Wort über die Lippen. Die Fremden drehten sich zu ihm. Sie lächelten. Insgesamt schienen sie nicht unfreundlich zu sein. Einer der Besucher begann den Mund zu bewegen. "Die Gemeinschaft grüßt Euch, Ebenbürtige." Die Stimme war sanft und angenehm. Das der Mann Englisch sprach überraschte niemanden mehr. "Wir sind zu Euch gekommen, um Euch den Weg zur Heimstatt der Gemeinschaft zu weisen und Euch willkommen zu heißen. Ihr braucht keine Furcht zu haben. Die Gemeinschaft verzichtet seit Äonen auf Gewalt. Seid unsere Gäste. Die Heimstatt befindet sich auf der Welt, die Euren Schiffen am nächsten ist. Wir bleiben hier und leiten Euch zu einem Landeplatz."

Bob Zubrin hatte sich als erster wieder in der Gewalt. Er versuchte irgendwie würdevoll zu klingen. "Willkommen an Bord unseres Schiffes. Wir danken Euch, für eure Unterstützung. Ich bin Robert Zubrin, der Präsident dieser Menschen. Darf ich fragen, wie Eure Namen sind?" Der Sprecher der Fremden lächelte. "Wir tragen keine Namen, wir sind Teil der Gemeinschaft." Bob Zubrin sah den Fremden verständnislos an. "Aber wie sollen wir zu Euch sprechen, wenn ihr keine Namen tragt? Wie sollen wir Euch unterscheiden?" Der Fremde machte eine ausladende Geste. "Wir alle sind einer. Wenn ihr zu einem von uns sprecht, so hören Euch alle." Bob verstand nicht. "Kannst du mir das näher erklären?" Der Fremde sah sich nach einem leeren Sessel um und setzte sich. "Seht Ebenbürtige, ihr seid wie wir. Aber ihr seid jeder für sich einzelne Individuen. Wir dagegen sind eins. Jedes Mitglied der Gemeinschaft ist mit mit jedem anderen Mitglied verbunden. Wir denken, wie einer. Wie einer, der mit Millionen von Gehirnen denkt. Seht, unser Volk ist alt, sehr alt. So wie Euch die Evolution, die Fähigkeit miteinander zu sprechen gab, so gab sie uns die Fähigkeit miteinander zu denken."

Heike trat vor und fragte "Seid ihr unsere Ahnen? Seid ihr das erste Menschenvolk?" Der Fremde blickte in ihre Richtung und lächelte wieder. "Ja, das sind wir. Wir sind der Beginn des Menschseins." Björn Grieger meldete sich von der Perry Rhodan "Hallo, ist alles klar bei euch?" "Alles klar", gab Jörg zurück, "wir haben Besuch von den Ahnen. Frag mich nicht, wie die hier rein gekommen sind. Auf alle Fälle sind sie friedlich. Wir fliegen jetzt los und landen auf dem Planeten, der genau vor uns steht. Ihr folgt uns und landet, wenn möglich direkt neben uns. Bei euch soweit alles in Ordnung?" "Alles bestens" bestätigte Björn und schaltete ab. Auf Jörgs Anweisung hin setzte sich die Stephen W. Hawking in Bewegung. "Eure Schiffe sind sehr beeindruckend, Ebenbürtige" stellte der Sprecher der Fremden fest. Seine beiden Begleiter gingen in der Zentrale umher und sahen sich die Instrumente an. "Nicht so beeindruckend, wie Euer Planetensystem", Bob Zubrin sah den Fremden an und deutete mit den Daumen auf den Hauptmonitor. Der Bildschirm wurde inzwischen fast vollständig von ihrem Zielplaneten ausgefüllt. "Millionen von Jahren hat es gebraucht, bis diese Welt erschaffen war", sagte der Sprecher der Ahnen nicht ohne Stolz, "Die Gemeinschaft wird Euch berichten, nachdem ihr gelandet seid."

Als die Schiffe in die Atmosphäre der Ahnenwelt eintraten, sahen sie unter sich eine Art Garten Eden. Sanft wogende Meere wechselten sich mit weiten Graslanschaften und Wäldern ab. Das Land war von Flüssen durchzogen. Städte waren nirgends zu erkennen. Auch Straßen oder sonstige Verkehrswege fehlten. Die Raumschiffe gingen auf Anweisung ihrer Besucher auf einer weiten Grasfläche nieder, die nur gelegentlich durch Büsche und Bäume unterbrochen wurde. Nirgendwo zeigte sich ein menschliches Wesen. Der Sprecher der Ahnen machte eine einladende Geste. "Willkommen auf Taa, unserer und Eurer Ursprungswelt. Hier begann alles Menschsein" erklärte er feierlich, "Wenn ihr uns nun bitte folgen wollt. Wir erwarten euch vor dem Schiff." Dann verschwanden die seltsamen Besucher so plötzlich, wie sie aufgetaucht waren. Jörg sah sich in der Zentrale um. Er sah in all die Gesichter, die ihn hierher begleitet hatten. Er sah in ihren Augen Neugierde, Stolz und eine tiefe Zufriedenheit diesen Ort gefunden zu haben. "Freunde, wir sind am Ziel. Wir sind dorthin zurückgekehrt, woher wir vor unendlich langer Zeit gekommen sind. Lasst uns gehen und die letzten Rätsel unserer Existenz ergründen. Ich bin unglaublich stolz auf euch. Euer Mut, eure Ausdauer und eure Freundschaft hat uns hierher gebracht. Ich danke euch."

Die Besatzung verließ die Schiffe. Sie fanden sich auf einer weiten Blumenwiese wieder. Die Sonne schickte ihre wärmenden Strahlen herunter und die Luft roch nach Gras. Die drei Ahnen standen auf einer kleinen Anhöhe und winkten. Bevor Jörg sich zum Gehen wandte, kniete er sich in das Gras und berührte den Boden. Das war die Erde aus der der erste Mensch hervorgegangen war. Das war der Anbeginn von allem. Jörg stand auf und ging auf die Ahnen zu. Als er sie erreichte, setzten sich die Bewohner Taas einfach in das Gras und machten eine Geste es ihnen gleich zu tun. Jörg setzte sich zu ihnen. Allmählich kamen alle Besatzungsmitglieder zusammen und verteilten sich im Gras. Der Sprecher der Ahnen sagte "Wir sind uns sicher, dass endlos viele Fragen in euch nach Antworten verlangen. Deshalb wird jeder von euch von einem von uns das erfahren, was er zu wissen begehrt." Aus dem Nichts tauchten plötzlich viele der Ahnen auf. Männer, Frauen und Kinder gesellten sich zu den Menschen. Die Ahnen hatten Früchte und Säfte mitgebracht, die sie ihren Besuchern anboten. Es war ein Bild tiefsten Friedens.

"Eine wunderbare Welt, auf der ihr lebt" stellte Bob Zubrin fest und sog genießerisch die frische Luft ein. "Taa war nicht immer so, Ebenbürtiger. Einst war es eine wilde, ungezähmte Welt. In der Frühzeit der Menschheit hat es viele verheerende Kriege gegeben. Vor etwa 20 Millionen Jahren einigten sich die Völker Taa's, als ein Volk zu leben. In dieser Zeit entdeckten wir auch die Hyperraumfahrt. Damit erfüllte sich auch der Traum, eure Heimatgalaxie zu erforschen Wir haben in dieser Zeit auch beschlossen, die Milchstraße zu besiedeln. Uns war aber von Anfang an bewusst, dass wir nicht selbst die Besiedlung vornehmen können, weil wir nicht an die Umweltbedingungen auf vielen Planeten angepasst waren. Unsere Körper sind viel empfindlicher, als eure. Also entsandten wir Schiffe mit Genmaterial zu geeigneten Sternen und ließen der Evolution ihren Lauf. Das waren die drei Entstehungen. Ihr seid die robusteste und intelligenteste Spezies, die aus den Entstehungen hervorgegangen ist, auch wenn eure Entwicklung noch am Anfang steht. Während sich in der Milchstrasse neue Menschenwelten entwickelten, stand auch bei uns die Evolution nicht still. Wir veränderten uns. Unsere Kommunikation fand mehr und mehr auf telepathischer Ebene statt, bis alle unsere Seelen zu einer verschmolzen waren. Das war der Anbeginn der Gemeinschaft."

Zubrin saß da und dachte über das Gehörte nach. "Warum nennt ihr uns eigentlich ebenbürtig?" "Siehst du, Bob Zubrin, ihr seid die ersten nach uns, denen es gelungen ist in der fünften Dimension zu reisen. Damit steht ihr technologisch auf der gleichen Stufe wie wir. Wir haben lange Zeit darauf gewartet, dass dies einem Menschenvolk gelingen würde. Wie schon gesagt, verfügen wir nicht über eure körperliche Kraft und Ausdauer. Und auch nicht über euren Ungestüm. Ihr aber seid fähig, das Universum zu besiedeln und zu ergründen. Ihr seid viel anpassungsfähiger als wir. Aus diesem Grunde haben wir uns auch in das Universum des Denkens zurückgezogen."

Bob Zubrin sah in den Himmel hinauf. Dort waren auch am hellichten Tag Teile der Streben, die die Planeten verbanden zu sehen. "Interessiert es dich, wie dieses Planetensystem entstanden ist und zu welchem Zweck, Bob Zubrin?", fragte sein Gesprächspartner. "Brennend" gestand Zubrin, "das ist einfach fantastisch. Als wir es zuerst gesehen haben, zweifelten viele von uns an ihrem Verstand. Was ihr hier geschaffen habt übersteigt einfach unser Vorstellungsvermögen." Im weiteren Verlauf des Gespräches erfuhr Zubrin, dass Taa die Wohnwelt der Ahnen war. Der Planet Roo stellte die Industriewelt des Systems dar, auf dem Robotanlagen alles produzierten, was die Ahnen zum Leben benötigten. Die Produktion wurde durch die Gedanken der Gemeinschaft gesteuert, wodurch immer genau das hergestellt wurde, was benötigt wurde. Auf Roo existierte auch eine voll automatisierte Landwirtschaft. Der dritte Planet Gii schließlich beherbergte alle Archive und Lagerstätten der Gemeinschaft.

Zubrins Gesprächspartner kam auf die Verbindungsröhren zu sprechen, deren Zweck und Funktionsweise einfach fantastisch war. Bob Zubrin erfuhr, dass die Röhren sich nur teilweise im Einsteinuniversum befanden. Die Ein- und Ausgangspunkte an den Planeten befanden sich in der fünften Dimension, wodurch die Rotation der Himmelskörper nicht beeinträchtigt wurde. Das Innere der Verbindungen befand sich ebenfalls im Hyperraum. Dadurch konnten die Ahnen ohne Zeitverluste von Planet zu Planet reisen oder beliebige Mengen Material transportieren. Wenn man nach oben sah, schien es als würde die Verbindung irgendwo über dem Himmel blasser werden, je näher sie dem Planeten kam und schließlich aufhören. In Wirklichkeit war das der Übergang in den Hyperraum. Zubrin versuchte gar nicht erst zu verstehen, warum die Planeten des Dreiecksystems trotzdem wie festgeschraubt an den Endpunkten der Röhren verblieben. Man erklärte ihm, dass der Bau des Systems erst möglich geworden sei, nachdem die Ahnen zu einer Einheit verschmolzen war. Eine Intelligenz von derartigem Umfang dachte halt in größeren Maßstäben. Auch ginge das Wissen der Gemeinschaft nicht verloren, weil jedes neugeborene Mitglied nach kurzer Zeit auch das Wissen der Ältesten besaß. Dadurch beschränkte sich das Denken der Gemeinschaft nicht auf kurze Zeiträume, sondern überdauerte Jahrmillionen. Nur das Denken in solchen Zeiträumen stellte sicher, dass Projekte, wie die Entstehungen oder der Umbau des Planetensystems nicht in Vergessenheit gerieten. Zubrin hörte sich fasziniert die Geschichte von der Schaffung des Dreiecksystems an.

Andere Besatzungsmitglieder der Marsschiffe erhielten ebenfalls ausführliche Antworten auf ihre Fragen. Assagima diskutierte mit einer jungen Ahnin angeregt über deren Lebensweise. "Wo wohnt ihr eigentlich? Ich meine, wo sind eure Dörfer und Städte? Wir haben bei der Landung nichts dergleichen gesehen." Ihr Gegenüber lächelte die Tromburianerin nachsichtig an. "Wir wohnen nicht in Häusern. Wir leben hier, in der Landschaft von Taa. Das mag dir komisch vorkommen, aber wir brauchen keine Häuser. Die Bedingungen auf Taa sind optimal an unsere Bedürfnisse angepasst. Es ist niemals zu warm oder zu kalt. Die Natur unserer Welt birgt nichts Gefährliches. Also leben wir unter dem Himmel von Taa, schlafen im Gras und lassen an den Tagen unsere Gedanken schweifen." Assagima fand das tatsächlich seltsam. "Aber was ist denn mit eurer Privatsphäre? Ich meine, wenn ihr mal allein sein möchtet?" Das Mädchen von Taa dachte einen Augenblick nach. "Privatsphäre, hmmm, das ist wichtig für euch, nicht wahr? Für uns ist das schwer zu verstehen, denn bei uns gibt es das nicht. Wir alle sind einer und jeder fühlt und weiß immer, was die anderen denken oder fühlen." Assagima konnte sich nicht vorstellen, wie es sein mochte, wenn man in jedem Moment seines Lebens mit Millionen anderer Seelen verbunden war. Manchmal war ihr das verquere Wesen von Josh ja schon unverständlich. Die Ahnen schienen sich mit sich und ihrer Lebensweise aber im Einklang zu befinden. Zumindest machte niemand den Eindruck unglücklich zu sein. So verging der Tag und die Besucher aus der Milchstraße tauchten immer tiefer in die fantastische Welt ihrer Urväter ein.

Am Abend kehrten die Besatzungen auf ihre Schiffe zurück. Jörg fühlte sich todmüde. In seinem Kopf wollten die Gedanken aber einfach nicht zu kreisen aufhören. Allen anderen ging es genauso. Jörg verließ das Schiff wieder und setzte sich nahe einer der Landestützen ins Gras. Er konnte nicht sagen, wie lange er bereits dort gesessen hatte, als Nataliya sich zu ihm gesellte. "Na Schnuffel, gar nicht müde?", fragte sie und strich ihm durchs Haar. "Hundemüde," gestand Jörg ein, "aber mein Gehirn will einfach nicht aufhören zu denken." Nataliya setzte sich zu ihm und legte die Arme um seinen Körper. So saßen sie da, bis sie in der warmen Nacht Taa's einschliefen.

"Hey! Hallo, ihr Schlafmützen! Guten Morgen!" Jörg versuchte verzweifelt den Traum nicht zu verlieren, der ihm den Schlaf versüßte. Nataliya zog ihn fester an sich. "Das gibt's doch nicht! Würdet ihr zwei Traumtänzer vielleicht mal ein Auge aufmachen, wenn man mit euch redet?" Nur langsam drang die Stimme in das Gehirn des Schlafenden vor. Jörg öffnete ein Auge und blickte in Heikes Gesicht, das auf ihn herab sah. Er reckte sich und sah sich um. Dann grinste er Heike an. "Guten Morgen, Schnäuzelchen. Ach, ich habe selten so gut geschlafen. Ich fühle mich, wie neu geboren." Heike griff ihm unter das Kinn und sagte "Dafür siehst du verheerend aus. Ich glaube, du könntest eine Dusche und eine Rasur vertragen. Wir suchen dich schon den halben Morgen......Schnäuzelchen." Nataliya kuschelte sich noch enger an ihren Mann und murmelte "Sag der bösen Frau doch einfach, sie soll weggehen." Jörg stemmte sich hoch und gähnte herzhaft. Die Nacht im Gras war ihm blendend bekommen. Er zog Nataliya auf die Beine und sagte "Komm Schatzi, wir lassen die böse Frau jetzt einfach hier stehen und gehen duschen." Auf dem Weg durch das Schiff durften sich die zwei eine Flut von "netten" Kommentaren anhören. Eine Viertelstunde später erschienen die Langschläfer frisch und in bester Laune in der Zentrale.

Draußen versammelten sich die Ahnen. Die gestrigen Gespräche sollten fortgesetzt werden. Nataliya berichtete ihrer Gesprächspartnerin, wie wunderbar sie sich nach der Nacht in der Natur Taa's fühlte. Ihr Gegenüber lachte. "Das ist kein Wunder. Wir euch ja gestern schon erzählt, dass die Bedingungen auf dieser Welt optimal sind. Die Luft, die Landschaft, die Früchte, die wir essen, alles ist darauf abgestimmt unser Wohlbefinden zu verbessern. Und warum sollte es euch anders gehen? Ihr seid wir. Hier auf dem Boden Taa's ist der Schlaf frei von Sorgen. In der Nacht strömen Ruhe und Kraft in unsere Körper. Und auch, wenn ihr nicht mental begabt seid, die Gedanken der Gemeinschaft umströmten auch euch in dieser Nacht." Nataliya griff nach einer blauen Frucht. "Wie auch immer," nuschelte sie herzhaft kauend, "mir ging es schon lange nicht mehr so gut."

Bob Zubrin fand sich derweil in getauschten Rollen wieder. Sein Ahne stellte ihm heute die Fragen. Vor allem der Mandelbrotantrieb interessierte die Bewohner Taa's. Ihr eigener Hyperantrieb verbrauchte Unmengen an Energie und erforderte gigantische Aggregate. Das Gegenstück aus der Milchstraße wirkte dagegen elegant und filigran, wobei es aber weit leistungsfähiger war, als die Konstruktion der Ahnen. "Eure Raumschiffe sind wirklich bewundernswert. Sie wirken so leicht und grazil. Einfach schön. Wir können sicher viel voneinander lernen." Bob Zubrin war ehrlich überrascht. Bisher hatten die Menschen hier eine Welt gesehen, in der fast alles von der unendlichen Überlegenheit der Ahnen zeugte. Mit dem Mandelbrotgenerator aber schien der Truppe aus Stadthagen wirklich etwas einmaliges gelungen zu sein. Bob Zubrin fing unverhofft an zu lachen. Er musste an die alten Filmaufnahmen aus den Anfangstagen denken, als Jörg und seine Mitstreiter die erste Ausrüstung mit einem Traktor und einem Gummiwagen durch die historische Kleinstadt in Deutschland transportiert hatten. Nein, was für eine Geschichte! Wenn er heute daran zurück dachte, wurde ihm die epochale Bedeutung der letzten Jahre erst richtig bewusst.

Gegen Mittag reisten die Besucher und ihre Begleiter nach Roo. Dazu mussten sie aber erst einmal zum Abfertigungspunkt. Die Ahnen baten darum, mit den Raumschiffen der Marsianer dorthin zu fliegen. Auf Taa waren sie zwar in der Lage, sich Kraft des Geistes der Gemeinschaft an jeden beliebigen Ort zu versetzen, aber das taten sie schließlich jeden Tag. Ein Flug in den Kugelraumern ihrer Besucher war dagegen eine willkommene Abwechselung. Die eigentliche Reise begann im einzigen Bauwerk auf Taa. In der Region, wo die Verbindungsröhren in der fünften Dimension auf den Planeten trafen, befand sich eine riesige unterirdische Anlage. Der Bahnhof (das war Zubrins erster Eindruck) unterteilte sich in einen großen Ankunfts- und einen kleineren Abreisebereich. Im Abreisebereich gab es zwei Richtungen, Roo und Gii. Die Ahnen erklärten, dass man um nach Roo zu gelangen den blauen Markierungen folgen musste. Nach Gii gelangte man über die gelbe Route. Die Reise ansich war seltsam unspektakulär. Der Reisende überschritt einfach eine bestimmte Markierungslinie. Dann verschwamm die Welt für einen kaum wahrnehmbaren Augenblick und man trat auf Roo wieder über eine gleichartige Markierung. Das war alles. Nichtsdestotrotz sahen die Menschen aus der Milchstrasse erst einmal an sich hinunter, ob auch noch alles dran war.

Roo unterschied sich von Taa, wie ein Raumschiff von einer Blume. Auf Roo dominierten gigantische Industrieanlagen das Bild des Planeten. Dazwischen gab es weite Felder, auf denen Roboter die Ernte einbrachten. Zum ersten Mal bekamen die Marsianer die Technik der Ahnen wirklich zu sehen. Besonders faszinierend war die Steuerung der Produktionsprozesse. Für jeden Fertigungszweig existierte eine Computerzentrale. Die Rechner empfingen über Mentalsensoren (wie immer die auch funktionieren mochten) die Gedanken der Gemeinschaft und ermittelten daraus die Bedürfnisse. Anschließend begann die Produktion der benötigten Waren. Über die Verbindungsröhren gelangten die Güter dann nach Taa. Im Ankunftsbereich des dortigen "Bahnhofs" befand sich ein großer Lagerbereich. Dort wurden die ankommenden Bestände von Computern erfasst und durch Mentalsensoren an die Ahnen weitergegeben. Sobald nun ein oder mehrere Individuen den Wunsch nach etwas äußerten, wurde das Gewünschte direkt dorthin teleportiert. Einmal mehr standen die Menschen aus der Milchstraße in stiller Bewunderung vor der unbegreiflichen Technik. "Vergiß nicht, Bob Zubrin, wir hatten 30 Millionen Jahre Zeit dafür", sagte der Ahne der Zubrin begleitete. Ihm war aufgefallen, dass Zubrin immer häufiger mit dem Kopf schüttelte.

Am Abend kehrten begeisterte und erschöpfte Menschen nach Taa zurück. Die Begegnung mit den Ahnen war einerseits fantastisch, andererseits führte es bei den Besuchern aber auch zu emotionalem Stress. Nur Nataliya und Jörg schienen davon völlig unberührt zu sein. Sie wirkten fröhlich und ausgeglichen. Am Abend gingen sie wieder nach draußen, um die Nacht im Freien zu verbringen. Als sie am nächsten Morgen aufwachten, fanden sie um sich herum fast die gesamte Mannschaft im Gras schlafend vor. Jörg stand auf und fand Heike und Pascal tief schlafend im Gras liegen. Er beugte sich über Heikes Ohr und sagte leise "Hallo Schnäuzelchen, hier ist der böse Weckdienst. Augen auf und fleißig sein." Heike blinzelte, reckte sich und murmelte "Verschwinde Jörg Schabeck! Geh aus meinem Leben. Wow, fühl ich mich sauwohl!" So ging es allen, die nach und nach aufwachten.

Heute standen die Archive von Gii auf dem Programm. Vorher allerdings gingen alle erst einmal duschen und frühstücken. Als die Ahnen eintrafen, fanden sie ihre Besucher in bester Laune vor. Bob Zubrins Begleiter äußerte die Bitte mit den Kugelraumern nach Gii zu fliegen. Keiner der anwesenden Ahnen war jemals mit einem Raumschiff durch das All gereist. Bob Zubrin glaubte bei den sonst so ruhigen und souveränen Bewohnern Taa's eine gewisse Nervosität festzustellen. Anstatt sich einfach an Bord zu teleportieren, benutzten die Gäste die Laufbänder und Aufzüge. Sie wollten alles ganz genau so machen, wie ihre Gastgeber. An Bord versammelten sich zunächst einmal alle in den Versammlungssälen. Von dort aus begleiteten sie jeweils ein Besatzungsmitglied in dessen Abteilung. Erst einmal zog es die Ahnen aber in die Glasgänge Als die Schiffe abhoben, klebten 170 Nasen an den Scheiben. Schnell wurde Taa zu einem winzigen Punkt. Die Gäste hatten plötzlich das Gefühl, mitten im All zu stehen. Anschließend begaben sich die begeisterten Besucher zu den Abteilungen, wobei sich etliche verliefen. Nicht wenige gelangten deshalb auch in die Black Hole Bar. Dort erklärte ihnen die Bedienung geduldig, wozu eine Bar gut war. Einige Bewohner Taa's versuchten sich denn auch in der Bestellung diverser Getränke. Einer bestellte sogar Kaffee. Er hatte gerade die halbe Tasse ausgetrunken, als Jaqueline ins Black Hole kam, um nach den Verschollenen zu sehen. Der Kaffeetrinker stand auf. Er schlotterte am ganzen Körper wie ein Wackelpudding. Die Unruhe übertrug sich auch auf die anderen Ahnen. Ein paar begannen zu lachen, andere machten hektische Bewegungen. Jaqueline griff sich den Kaffeetrinker, der zitternd und nervös herumstand. "Oh, oh" sagte sie und schüttelte den Kopf, "du bist wohl ein Fall für die Krankenstation." Sie griff nach der zitternden Hand und zog den Mann mit sich. Der versuchte etwas zu sagen. "Ei..ei..ei.. ein w..w..w..wunderbares Ge..Ge..Getränk. Ma..Ma..Mman fühlt s..s..sich s..so be..beschwingt." Jaqueline schüttelte den Kopf und zog den Zitteraal in den Lift. "So, mein Freund, nach einem leichten Beruhigungsmittel wird es dir wieder besser gehen." Sie nahm ihren Palmtop und rief Jörg. "Jörg, gebt den Ahnen keinen Kaffee. Ich habe hier einen, der befindet sich irgendwo zwischen Michael Jackson und ner Herzattacke. Ich bringe ihn zur Krankenstation." "Und ich hab mich schon gewundert, weshalb die bei uns hier alle so aufgedreht sind. Ich wusste gar nicht, dass wir unsere Gäste erst unter Drogen setzen müssen, damit sie begeistert sind." Der Bordarzt verabreichte dem Kaffeejunkie etwas Baldrian. Es dauerte dennoch eine Weile, bis das Zittern wieder aufhörte. Ansonsten verlief der Flug nach Gii ohne Zwischenfälle.

Der dritte Planet des Dreiecksystems lag in seiner Gestalt irgendwo zwischen Taa und Roo. Zwischen Wäldern und Wiesen erhoben sich die Bauten der Archive und Lagerhallen. Es gab für jedes Wissensgebiet ein Archiv, dass seit 20 Millionen Jahren alles aufzeichnete, was irgendwie relevant war. In den Lagerhallen befanden sich vor allem technische Gegenstände aus allen Epochen. Darunter befand sich auch die Raumflotte der Ahnen. Dort landeten sie zuerst. In der acht Kilometer langen Halle standen 500 Raumschiffe sauber aufgereiht. Die Schiffe der Ahnen wirkten insgesamt klobig. Der Antriebsteil beanspruchte den größten Raum in den mehr als 200 Meter langen Raumfahrzeugen. Jedes Schiff war für eine Besatzung von zwölf Mann ausgelegt. Maximal konnte ein Schiff 500 Lichtjahre im Hyperraum zurücklegen. Danach war eine zweitägige Aufladephase für die Triebwerke notwendig. Kein Wunder also, dass die weit effektiveren Kugelraumer der Marsianer bei den Ahnen Anerkennung fanden. Das hob vor allem das angeknackste Selbstbewusstsein wieder an. Als besonders eindrucksvoll erwiesen sich die Archive der Ahnen. Die Menschen interessierten sich besonders für das historische Archiv. Wie alle Bauwerke der Bewohner des Dreiecksystems waren auch die Archive gigantisch. In der ersten Abteilung, die man ihnen vorführte befanden sich Steintafeln, Skulpturen und Schnitzereien aus der Frühzeit der Taa Zivilisation. Um so weiter es voran ging, desto moderner wurden die Aufzeichnungen. Um zu den Artefakten der jüngeren Geschichte zu gelangen, mussten die Besucher ihre Rover aus den Schiffen holen. Zum Glück hatten die Gänge in den Gebäuden die Breite einer Autobahn. Die Bewohner Taa's konnten jede Information Kraft ihres Geistes aus den Archiven abrufen. Es bestand aber auch die Möglichkeit, Laserhologramme zu den gewünschten Epochen abzurufen. Darunter befanden sich auch Aufzeichnungen von der Erde, die zuletzt vor etwa 2300 Jahren von den Ahnen besucht wurde. Die Besucher standen plötzlich Alexander dem Großen gegenüber, der seinen Generälen vor der Schlacht von Issos Befehle erteilte. Als nächstes erklärte ihnen Sokrates, dass er wusste nichts zu wissen. "Das sind wirklich Originalaufnahmen?", fragte Heike begeistert. "Ja sicher!", kam die beinahe empörte Antwort, "Natürlich wussten eure Vorfahren nichts davon, dass sie gefilmt wurden." Auch über Tromburs Vergangenheit existierten Dokumente. Hier lag die wirkliche Geschichte der Menschheit verborgen. "Ich schätze mal, in Zukunft werdet ihr viel Besuch von unseren Historikern bekommen", bemerkte Bob Zubrin. "Oh, das ist erfreulich, denn ihr seid das Volk, auf das wir lange gewartet haben", antwortete sein persönlicher Begleiter. "Aber warum habt ihr dann versucht uns auf Point Nothing, ääh Verzeihung, der Brücke zurückzuweisen?" "Wir wussten, dass ein Volk wie eures darauf nicht reagieren würde. Wir wollten nur vermeiden, dass andere, die nicht so hoch entwickelt sind, aber trotzdem zur Brücke gelangen konnten, weiter fliegen. In dem Fall hätte das Wächterprogramm auch anders reagiert."

Am Abend kehrten die Marsschiffe nach Taa zurück. Dort blieben sie noch sieben weitere Tage, bevor sie den Rückflug antraten. Der Abschied fiel den Menschen schwer. Auf Taa hatten sie so etwas, wie das Paradies gefunden. Und so viele Antworten. Von nun an würde die Menschheit wissen, woher sie gekommen war und auch, wohin ihr Weg sie führen sollte. Die Ahnen standen zum Abschied zu Tausenden vor den Schiffen. Jörg musste sich überwinden den Befehl zum Start zu geben. Als die Schiffe abhoben und an Höhe gewannen hörte jeder an Bord eine kollektive Botschaft in seinen Gedanken. "Kehrt heim, wann immer es euch gefällt. Die Gemeinschaft erwartet euch!" Dann fiel Taa hinter den Raumschiffen zurück. Nach kurzer Zeit füllte das Dreiecksystem die Bildschirme aus. Fast jeder an Bord sah versonnen und nachdenklich zurück. Es war still in der Zentrale. Vor ihnen lag der Flug durch die Unendlichkeit, zurück zu den Welten, die sie kannten. Auf ihren Heimatwelten würde es unglaublich viel zu berichten geben. Als die Schiffe Point Nothing passierten, standen Jörg, Bob und Pascal im Glasgang und sahen hinaus. "Wisst ihr eigentlich, dass wir gefunden haben, was die Menschen als Gott bezeichnen würden?", fragte Bob Zubrin, "sie sind unsere Schöpfer." Stille. Niemand erwiderte etwas darauf. In ihren Gedanken waren sie bereits wieder unterwegs in den Weiten des Universums, wo es noch so vieles zu ergründen und zu entdecken gab. Und sie wussten, dass sie gewappnet waren, sich dieser Herausforderung zu stellen.

- Ende -

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