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Es ist wieder KNOWember!

In Hannover ist mal wieder Knowember der Wissenschaft.

Auch in diesem Jahr steht wieder ein volles Programm zur Auswahl, wobei es mich zu den Veranstaltungen im Max Planck Institut für Gravitationsphysik zieht. Wohin auch sonst, bei meinem Hobby. Bietet eine willkommene Abwechselung, weil der Sternenhimmel über Hannover im November vor allem durch Abwesenheit glänzt, was sich durch die überreichlich vorhandene Bewölkung erklärt.

In diesem Knowember habe ich bislang 3 Veranstaltungen dort besucht, die natürlich wieder Spitzenklasse waren. Das zeigt sich schon allein daran, dass es an jedem Abend dort gerammelt voll war. Bejamine Knispel, der für die PR des Instituts verantwortlich ist, hat auch in diesem Jahr wieder ein tolles Programm zusammengestellt.

Los gings mit dem neuesten aus der Forschung über dunkle Materie.

Vorgetragen von Prof. Benno Willke geht eine erstaunliche Reise in das Reich der Materie, die zwar da sein muss, es offenbar aber nicht ist! Hochinteressant ist der Teil über das Licht-durch-die-Wand-Experiment. Bei dieser am DESY in Hamburg installierten Großanlage geht es erstmalig darum, nicht nur zu berechnen, weshalb dunkle Materie vorhanden ist, sondern um die Ezeugung von Elementarteilchen der dunklen Materie. Beim ALPS II Experiment wird energiereiches Laserlicht auf eine undurchlässige Wand abgestrahlt, wo es reflektiert wird. Ein Bruchteil des Lichtes kann sich jedoch in Axionen umwandeln. Diese Teilchen interagieren nicht mit baryonischer Materie und gehen buchstäblich durch die Wand. Auf der anderen Seite gelangen die Axionen in ein umgekehrtes Magnetfeld gleicher Stärke und werden wieder in das Laserlicht zurück verwandelt, welches Anfangs ausgesendet wurde. Am Ende des 250 Meter langen Experimentalaufbaus wird dieses Licht von einem hochempfindlichen Sensor registriert. Kommt dort Licht an, haben die Wisenschaftler tatsächlich Licht durch die Wand gesendet!

Das Experiment sieht in Wirklichtkeit natürlich nicht so aus, wie ich es unten schematisch dargestellt habe. Der Vortrag von Professor Wilke beinhaltet auch Aufnahmen eines Drohnenflugs durch den Tunnel. Das gibt ungefähr einen Vorgeschmack, welche Ausmaße ALPS II hat.

Copyright für das Bild:
Copyright für das Bild: Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik

2 Tage später geht es weiter mit der Frage: Was, wenn es kein schwarzes Loch ist?

Diesmal ist der sehr kurweilig Vortragende von der University of Birmingham angereist. Dr Julian Westerweck macht dabei ziemlich schnell klar, dass er mit schwarzen Löchern auf Du und Du ist. Wahrscheinlich wohnt er in einem. Dürfte nur schwierig werden, wenn er bei Amadingenskirchen ein Paket bestellt. Wie liefert man sowas hinter einem Ereignishorizont? Trotz des Titels des Vortrages gibt es erst einmal jede Menge über diese Schwerkraftmonster und ihre Eigenschaften zu erfahren. Was geschieht um ein schwarzes Loch herum wird ebenso beleuchtet, wie die Frage, was geschieht, wenn man unvorsichtiger Weise zu nahe an so ein Ding herankommt und hinein plumpst. Richtig spannend wird das letzte Drittel der Veranstaltung, in dem es um Objekte geht, die noch viel exotischer als schwarze Löcher sind. Da schwirren plötzlich Bosonensterne, Gravasterne und ähnlich abgefahrenes Zeug durch den Saal.

Keine leichte Kost, aber sehr anregend für den von etlichen Büroaltagen träge gewordenen Geist.


Copyright für das Bild:
Copyright für das Bild: Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik

Das absolut Schärfste gibt es allerdings am Folgeabend: Julian Westerweck und sein Kollege Lars Nieder, beide in der Astrophysik zuhause, nehmen sich Science Fiction Filme vor! Stilecht in Startrek-Uniform und Jedi-Mantel verpackt, gibt es an diesem Abend Filmausschnitte aus bekannten Filmen des Genres. Und dazu aus erster Hand die Information, was wirklich geschehen würde. Als Zuhörer werden dabei zwei Dinge klar: Mit Physik hat die gängige Science Fiction meist weniger zu tun und die beiden wollen Sie im Kino während der nächsten Star Wars Verfilmung keinesfalls neben sich haben!

Als dann auch noch ein Laserschwert als Zeigestock zum Einsatz kommt, um auf Besonderheiten der Raumschiffe aus der Science-Fiction Welt aufmerksam zu machen, brechen die meisten Zuhörer vor Lachen zusammen. Besser und lustiger habe ich Physik selten serviert bekommen. Ich meine, ich bin ja schon nervig, wenn ich mit meinen vier Semestern Astronomie den Marsianer auseinandernehme, aber die zwei möchte ich nicht mal dann im Kino neben mir haben, wenn sie mir die Eintrittskarte schenken! Es gibt aber auch viel Lob für Filme, in denen die Physik in beeindruckender Weise richitg interpretiert wird. Mir wird erst jetzt, wo es mir zwei Astrophysiker erklären klar, wie viel Recherche, Deitailliebe und Mühe in einigen der Filmszenen steckt. Was einem dabei alles auffallen kann, geht von Effekten künstlicher Gravitation, bis zu Atomexplosionen im Weltraum.

Diesen Abend würde ich mal durchweg als denkwürdig bezeichnen.


Fortsetzung (19.11.23)

Legen Spinnen Planeten in das Weltall?

Die Frage selbst klingt ja zunächst einmal so sinnreich wie: Kann Erdnussbutter Autos bauen?

Was diese Frage soll und dass sie durchaus ernst gemeint ist, erklärt Dr. Lars Nieder am vierten Abend am AEI, den ich besuche. Merkwürdiges Forschungsgebiet und Dr. Nieder wird auch immer wieder von Eltern und Freunden gefragt, ob er sich nicht mal mit etwas Vernunftigem befassen möchte? Möchte er nicht und deshalb steht er auch an diesesm Abend hier und erklärt sehr informativ, was dahinter steckt.

Natürlich verbirgt sich etwas anderes hinter der Fragestellung, denn heute geht es bei Lars Nieder, ganz ohne Laserschwert und Jedi-Mantel, um Doppelsternsysteme, die aus einem Pulsar und mindestens einem Begleitstern bestehen. Spinnen heißen sie deshalb, weil der jeweilige Pulsar seinen Begleiter langsam vernascht oder besser ausgedrückt, verdampft. Jedesmal, wenn der Strahlungkegel des Pulsars den Begleitstern trifft, wird dieser Bereich weiter aufgeheizt und das Material verdampft. Die verdampfte Sternmaterie wird vom Stern weggeschleudert, kühlt sich ab und bildet so mit der Zeit eine dichte Staubscheibe um ihr Spinnensystem.

Und aus Sternenstaub können Planeten entstehen!

Weiß niemand besser als wir, denn wir latschen ja täglich auf so einem Teil herum.

Rumlatschen wäre allerdings auf einem Planeten in einem Spinnensystem eher schwierig, denn die Umgebung des Planeten ist alles, nur nicht lebensfreundlich. Ein dort entstandener Planet wäre in vielerlei Hinsicht eine Scheißgegend, um es mal mit den Science Busters auszudrücken, weil er sich in einer genau solchen befindet. Sich als Planet um einen Pulsar mit einem pulsierenden Wirtsstern herumzubewegen, dürfte nicht eben für lebensfreundliche Bedingungen sorgen. Allein die vom Pulsar ausgehende Strahlungshölle reicht aus, um den Planeten bei jedem Durchlauf komplett zu grillen. Von der Umlaufbahn wollen wir bei den dort herrschenden Gravitationsbedingungen erstmal gar nicht reden. Ein extrem dichter Pulsar, der sich mit irrsinniger Geschwindigkeit um sich selbst dreht und ein Begleiter, der dabei beständig an Masse einbüßt, sind nicht gerade Garanten für eine stabile Umlaufbahn.

Zwei Arten dieser Spinnensysteme sind zurzeit bekannt: Black widows und Redbacks, beide nach Spinnenarten auf der Erde benannt, die nach der Paarung ihre Männchen fressen. Bei den Pulsar-Systemen haben letztere einen roten Zwergstern als Begleiter.

Also da bleibe ich dann doch lieber bei Douglas Adams und seinen Mäusen!

LISA und die Weißen Zwerge

Zwei Abende später berichtet Dr. Sweta Shah über ihr Fachgebiet und übt mit den Zuhörern tieftauchen in Astrosphysik. Es ist der einzige Vortrag der Knowember - Reihe am AEI in englischer Sprache, was durch das Bilderbuchenglisch von Dr. Shah die Kirsche auf der Torte ist.

Zumal im Rahmen der Vortragsreihe die besprochenen Objekte ja auch immer leichter, also weniger dicht werden.

  Mittlere Dichte [g/cm3] Durchmesser (Schwarzschildradius bei schwarzen Löchern) [km] Sonnenmassen
Schwarzes Loch: (stellar / mittelschwer / supermassereich) 10E+19 30 / 3.000 / 150.000- 29.800.000.000 ≈10 / ≈1000 / 10E+5 -10E+10
Neutronenstern 3,7E+17 - 5,9E+17 10 - 12 1,2 -2,35
Weißer Zwerg 10E+6 3.000 - 12.000 1 - 1,46

Und genau hier beginnt das Problem: Schwarze Löcher und Neutronensterne verursachen, mit erdgebundenen Einrichtungen messbare Gravitationswellen. Pulsare hauen uns in vielen Bereichen des elektromagnetischen Spektrum Strahlung um die Ohren. Für weiße Zwerge sind diese Geräte aber taub. Für die Messung von Gravitationswellen weißer Zwerge in Binärsystemen sind vollkommen andere Längen der Arme des Teleskops notwendig. Das lässt sich auf der Erde nicht umsetzten, deshalb muss man damit in das Weltall.

Diese Erkenntnis war die Geburtsstunde von LISA (Laser Interferometer Antenna). Daran wird, mit sehr viel Einsatz aus Hannover, gerade intensiv geforscht. Während die größten ergebundenen Gravitationswellteleskope derzeit mit 4 Kilometern Armlänge am Start sind, werden es bei LISA 2,5 Millionen Kilometer sein. Drei gleichartige Sonden werden in 50 Millionen Kilometer hinter der Erde ein gigantisches Dreieck bilden und Granvitationswellen von Objekten aufspüren, die ergebunden nicht erfassbar sind. Von der Erde aus können wir mit reichlich Glück, weiße Zwerge mit großen optischen Teleskopen ausmachen. Deshalb sind zurzeit auch nur etwa 50 von ihnen bekannt.

Auf der Erde reichen die Dimensionen unseres Planeten einfach nicht aus und die erdgebundenen Teleskope nehmen jede Erschütterung als Rauschen wahr, ganz gleich, ob ein Vogel auf einer der Röhren landet oder die Meeresbrandung gemessen wird. Aus diesem Rauschen müssen die tatsächlichen Gravitationswellen mühsam herausgerechnet werden. Bei LISA, das ab 2035 einsatzbereit sein soll, gibt es solchen Störungen nicht. Dort muss dann das Rauschen aus der Vielzahl der Signale herausgefiltert werden. Sweta Shah beschreibt anhand bisheriger Beobachtungen, was LISA für uns entdecken soll. Daraus kann man als Zuhörer recht gut ableiten, warum weiße Zwerge so dermaßen interessant für sie sind.


Wie LISA funktioniert!

Richtig in die LISA - Technik einsteigen, tut Dr. Gudrun Wanner, mit deren Vortrag der diesjährige Knowember am AEI auch leider schon abschließt.

Dafür gibt es hier noch einmal einen echten Leckerbissen, denn Dr. Wanner erläutert mit spielerischer Leichtigkeit die Funktionsweise der LISA - Mission und liefert so die ideale Ergänzung zum Vortrag von Dr. Sweta Shah. Passt, wie eine 3/8" - Schraube zu einem Stativgewinde.

Frau Dr. Wanner taucht nicht nur tief in die Gravitationswellenthematik ein, sondern erläutert auch die LISA - und die derzeit laufende LISA - Pathfinder Mission sehr detailreich. Fragen, die beim Vortrag von Sweta Shah offen geblieben sind, werden an diesem Abend beantwortet.

Als es dann um das Messprinzip und die Empfindlichkeit von LISA geht, komme ich das erste mal in dieser Vorstragsreihe an meine Verständnisgrenze. Kein Wunder, denn das hier präsentierte ist zurzeit noch Hightech aus der nahen Zukunft und über dieses Projekt haben sich auch schon Nobelpreisträger wie Kip Thorne den Kopf zerbrochen.

Ziemlich detailliert geht Dr. Wanner auf die Rolle der Testmassen der LISA - Sonden ein, die zurzeit an Bord von LISA Pathfinder ihre Runden durchs All drehen und dabei fundatmentale Erkenntnisse zur echten LISA - Mission liefern. Es gibt sogar Modelle der Testmassen zum Anfassen. Leider sind die im Gegensatz zum Original nur aus einer Wolfram - Eisen -Legierung. Die Originale sind aus Gold - Platin, aber leider viel zu weit weg, um sie zu klauen. Ich bin auch davon überzeugt, dass die Dinger im Einsatz für die Menschheit viel sinnvoller sind, als bei mir im Wohnzimmerschrank.

Für dieses krönenden Abschluss und auch an alle, deren Vorträgen ich dieses Jahr lauschen durfte und ganz besonders an Benjamine Knispel, der den ganzen Spaß organisiert hat, ein ganz dickes DANKESCHÖN!

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